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PortraitDie erste Frau

Fortschritt hinterm Holstentor: Kathrin Weiher Foto: dpa

Kathrin Weiher soll es werden. Das Amt des Bürgermeisters in der ruhmreichen Geschichte Lübecks soll erstmals mit einer Frau besetzt werden: Die 54-jährige parteilose Schul- und Kultursenatorin der Travestadt soll die drei Jahrzehnte währende Regierungszeit männlicher Sozialdemokraten beenden und eine vierte Amtszeit von SPD-Bürgermeister Bernd Saxe verhindern. Das will ein breites Bündnis, das nahezu alle Fraktionen in der Lübecker Bürgerschaft gebildet haben, die nicht SPD heißen: CDU, Grüne, Bürger für Lübeck (BFL), FDP und Linke stellten am gestrigen Montag Weiher als ihre gemeinsame Kandidatin vor.

Groß ist die Unzufriedenheit der versammelten Opposition mit dem 62-jährigen Bürgermeister und Finanzsenator. Die Geburtsstadt von Willy Brandt ist konkursreif, die Posse um den dreimal für lau an windige Investoren verkauften Flughafen, auf dem sich dennoch nichts bewegt, machte die Stadt bundesweit zum Spottobjekt. Jetzt soll Weiher „das leckgeschlagene Schiff wieder flottmachen“, so die Anforderung an die Diakoniewissenschaftlerin, die bei mehreren Sozialverbänden als Geschäftsführerin gearbeitet hat.

Vor zwei Jahren setzte sie sich als Senatorin gegen den damaligen SPD-Fraktionschef Jan Lindenau durch – mit 24 zu 23 Stimmen, unterstützt von demselben Anti-SPD-Bündnis, das sie nun zur Stadtchefin machen will. Der Probelauf vor zwei Jahren indes fand in der Bürgerschaft statt, BürgermeisterInnen aber werden direkt vom Volk gewählt. Und da hat Titelverteidiger Saxe drei erfolgreiche Wahlkämpfe vorzuweisen. Ob er aber zum vierten Mal überhaupt antritt für die Wahl im Herbst kommenden Jahres, hat Saxe bisher offengelassen. Er kann warten, wie die Lage sich entwickelt.

Weiher indes muss nun schon beginnen mit dem Wahlkampf an der Basis der sie unterstützenden Parteien, danach in der Öffentlichkeit. Als Kandidatin gegen Filz und verkrustete Strukturen in der SPD-Hochburg hinterm Holstentor wird sie sich präsentieren und als überparteiliche Bürgermeisterin für alle. Und nicht zuletzt als Frau. Denn das kann nie schaden – und nach 228 männlichen Vorgängern schon mal gar nicht.Sven-Michael Veit

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