: Der 9. Januar bleibtein nationaler Feiertag
Bosnien und Herzegowina Bosnische Serben stimmen bei Referendum zu fast 100 Prozent mit Ja
Die bosnischen Serben haben am Sonntag mit 99,81 Prozent für die Beibehaltung des Feiertages zur Gründung der Repulika Srpska am 9. Januar 1992 gestimmt. Sie setzten sich damit über ein Urteil des Verfassungsgerichts von Bosnien und Herzegowina hinweg. Ob die Organisatoren, allen voran der Präsident der Teilrepublik Republika Srpska, Milorad Dodik, mit einer Strafe belegt werden, ist noch offen.
Die Politiker auf bosniakischer, aber auch oppositionelle Kräfte auf serbischer Seite versuchten am Montag die Bedeutung des Referendums herunterzuspielen und eine nationalistische Rhetorik zu vermeiden. Bakir Izetbegović, der Vertreter der bosniakischen (muslimischen) Bevölkerungsgruppe im dreiköpfigen Präsidentschaftsrat in Bosnien und Herzegowina, erklärte, das Referendum habe keine Konsequenzen, wenn die serbische Seite auf ein Referendum zur Loslösung der serbischen Teilrepublik vom Gesamtstaat verzichten würde. In diesem Falle würde niemand mehr von einer Kriegsgefahr sprechen. Der Vorsitzende der Liberalen Partei, Mladen Ivanić, gleichzeitig vom Volk gewählter serbischer Vertreter im gleichen Gremium, versuchte ebenfalls die bedeutung der Volksabstimmung klein zu reden.
Spötter im mehrheitlich von Bosniaken bewohnten Sarajevo machten sich in Radiosendungen über das Ergebnis à la Nordkorea lustig.
Für die EU und die USA ist das Referendum gegenstandslos, nur Russland erkennt es an. Angesichts dieser Situation mehren sich auch in der Republika Srpska Stimmen, die befürchten, die serbische Teilrepublik habe sich mit diesem Referendum selbst isoliert.
Es werde für Dodik eine Gratwanderung werden, weitere Kredite für seine mit sechs Milliarden Euro verschuldete Teilrepublik von der Weltbank und anderen Organisationen zu erhalten, meinen Journalisten in Banja Luka. Sie weisen auch darauf hin, dass die Wahlbeteiligung von 55,7 Prozent, wie die Wahlkommission behauptet, zu hoch angesetzt sei.
Der Journalist Slobodan Vasković geht davon aus, dass sie nur zwischen 47 und 49 Prozent betragen habe. In der Hauptstadt der Teilrepublik Banja Luka sowie in den Städten Prijedor, Doboi und Bijeljina liegt die Wahlbeteiligung laut offiziellen Angaben um oder unter50 Prozent.
Man wird aber erst am 3. Oktober, wenn Kommunalwahlen stattfinden, ablesen können, ob Dodiks Rechnung, mit dem Referendum auch für sich und seine Serbischen Unabhängigen Sozialdemokraten (SNSD) Wahlkampf zu machen, aufgegangen ist. Die negativen Wirtschaftsdaten, Korruptionsskandale und ein im Regierungslager weit verbreiteter Nepotismus sorgen für viel Unmut in der Bevölkerung.
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