Gesetz gegen Missbrauch von Leiharbeit im Bundestag

Arbeit Die Opposition kritisiert den Entwurf als „Etikettenschwindel“, der kaum jemandem hilft

Viele Leiharbeitsverhältnisse dauern maximal ein halbes Jahr Foto: dpa

BERLIN taz | Andrea Nahles ist dieser Tage nicht zu beneiden. Am Donnerstag fand im Bundestag die Aussprache über ihren Gesetzentwurf gegen den Missbrauch von Leiharbeit statt. Und bereits am Vortag hatte die Opposition der Bundesarbeitsministerin und SPD-Politikerin in der Fragestunde zu Hartz IV vorgeworfen, sie mache keine sozialdemokratische Politik. So ging es am Donnerstag nahtlos weiter: „Was Sie hier vorlegen, ist eine Verhöhnung“, kritisierte etwa Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der Linkspartei.

Das Gesetz soll der Verdrängung von Stammbelegschaften und dauerhaften Niedriglöhnen für LeiharbeiterInnen entgegenwirken. Letztere sollen nach neun Monaten den gleichen Lohn erhalten wie die Stammbelegschaft. LeiharbeiterInnen sollen zudem maximal 18 Monate an denselben Betrieb entliehen werden dürfen.

Auch sollen sie nicht mehr als StreikbrecherInnen eingesetzt werden dürfen. Unterschiede zwischen Werkverträgen und Leiharbeit sollen deutlicher definiert werden. Die Betriebsräte bekommen ein Informationsrecht darüber, wer auf welcher Grundlage im Betrieb arbeitet.

Das bringe getarnte Leiharbeit ans Licht, sagte Nahles im Plenum. Die SPD klatschte pflichtbewusst. „Wir dürfen die Entwertung von Arbeit durch Missbrauch nicht hinnehmen“, sagte die Ministerin. Für die Betriebsräte hätte sie sich „eine weitergehende Mitbestimmungsregelung gewünscht, das war mit dieser Koalition nicht möglich“.

Die „Fesseln der Großen Koalition“ habe sich die SPD selbst auferlegt, konterte Wagenknecht. „Noch gibt es im Bundestag andere Mehrheiten“, wandte die Linke sich an die SPD. Der Bundestagswahlkampf wirft seine Schatten voraus.

„Leiharbeit gehört verboten, und zwar längst“

Sahra Wagenknecht, Die Linke

Zurecht werde Leiharbeit als „moderne Sklaverei“ bezeichnet, rief Wagenknecht. „Das gehört verboten, und zwar längst.“ Dass es ein Verbot so schnell nicht geben wird, weiß auch die Linkspartei. Deswegen fordert sie in einem Antrag zumindest eine strikte Begrenzung. Für lautes Getöse aus den Reihen von Union und SPD sorgte Wagenknecht mit einem Bestechlichkeitsvorwurf: Gegen den ersten Entwurf seien die Arbeitgeber Sturm gelaufen. „Und sie liefen nicht nur Sturm, sie öffneten ihre Schatulle“, so Wagenknecht. Und dann seien alle Kriterien zu Scheinwerkverträgen aus dem Papier verschwunden.

Gleiche Bezahlung, das klinge erst mal gut, sagte Beate Müller-Gemmeke, Grünen-Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte. Nur: „Von diesem Equal Pay wird kaum jemand profitieren“, kritisierte sie. Denn zwei Drittel der Leiharbeitsverhältnisse dauerten höchstens sechs Monate. Die Grünen fordern gleiche Bezahlung ab dem ersten Tag plus zehn Prozent Flexibilitätsprämie. Da die zeitliche Begrenzung an den ArbeitnehmerInnen festgemacht werde, könnten Betriebe „munter immer wieder neue, wechselnde Leiharbeitskräfte auf dem gleichen Arbeitsplatz einsetzen“, sagte Müller-Gemmeke. Der Missbrauch von Leiharbeit werde dadurch nicht verhindert, „sondern gesetzlich legitimiert. Und das geht gar nicht.“ Dinah Riese