Die Wahlposse ist jetzt amtlich

Österreich Die Bundespräsidentenwahl ist verschoben. Wer von dieser Entscheidung profitiert, steht dahin. Die Blamage bleibt. Es liegt an nicht klebenden Umschlägen

Das Bundeskriminalamt prüft, warum die Lasche nicht klebt. Vielleicht ein Akt der Sabotage? Foto: Foeger/reuters

Aus Wien Ralf Leonhard

Am Kleber scheitert der Wahltermin in Österreich. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) machte Montagvormittag offiziell, was seit Tagen bereits als sicher galt. Der Termin 2. Oktober für die Wiederholung der Bundespräsidentenstichwahl kann nicht gehalten werden.

Gewählt wird laut Fraktionsvorsitzenden am 4. Dezember, wie auch der Innenminister bestätigt, der als Leiter der Bundeswahlbehörde die Vorschläge vorlegt. Die Entscheidung muss aber das Parlament per Gesetz fällen, denn die Bundespräsidentenwahlordnung von 1971 sieht Verschiebung nur im Fall des Todes eines Kandidaten vor.

Der Nationalrat tritt am Dienstag zu einer Sondersitzung zusammen. Nach einer zweiten Lesung muss noch der Bundesrat zustimmen. Frühere Wahltermine sind wegen dieses gesetzlichen Fristenlaufs nicht möglich. Die Vereidigung des neuen Staatsoberhauptes wird wohl erst im Januar 2017 stattfinden, wenn nichts dazwischen kommt.

Die defekten Umschläge wurden von einem Privatunternehmen in Oberösterreich hergestellt, das seit 2009 für die Wahlbehörden arbeitet. Warum bei manchen Kuverts für die Briefwahl die Lasche nicht klebt oder die Seitenverklebung aufgeht, wird derzeit vom Bundeskriminalamt untersucht.

Ein abschließendes Urteil erfordere noch bis zu zwei Wochen, so BKA-Direktor General Franz Lang. Die Probleme sollen nach bisherigen Erkenntnissen sowohl in der Aufbringung des Klebstoffs als auch bei dessen chemischer Zusammensetzung zu suchen sein.

Um weitere Verzögerungen zu vermeiden wird die Wahlbehörde auf die einfachen Kuverts der Staatsdruckerei zurückgreifen, die bis zum Jahr 2008 benützt wurden. Sobotka sprach sich auch dafür aus, einen neuen Stichtag festzulegen und damit den rund 47.000 Jugendlichen, die seit der ersten Wahl das Wahlalter von 16 Jahren erreicht haben, die Teilnahme zu ermöglichen.

Der Verfassungsgerichtshof habe ein solches Vorgehen autorisiert. Demoskop Günther Ogris sieht darin einen leichten Vorteil für den von den Grünen unterstützten Kandidaten Alexander Van der Bellen, der am 22. Mai bei den Jungwählern 54 Prozent der Stimmen erzielt hatte. Der knappe Wahlsieg Van der Bellens war auf Betreiben der FPÖ wegen zahlreicher Schlampereien in mehreren Wahlkreisen vom Verfassungsgerichtshof annulliert worden.

Am 4. Dezember soll jetzt die Wahl des Bundespräsidenten nachgeholt werden

Gleich nach der Pressekonferenz traf sich Sobotka mit den Fraktionschefs der sechs Parlamentsparteien, um einen Gesetzestext konsensual zu formulieren. Die Regierung hätte gerne eine einstimmige Abstimmung, strebt aber zumindest eine Zweidrittelmehrheit an, um den Beschluss verfassungsrechtlich wasserdicht zu machen.

FPÖ und Team Stronach werden wahrscheinlich die Einstimmigkeit verweigern. Die FPÖ hat ihre Zustimmung an die Bedingung geknüpft, dass die Briefwahl in ihrem Sinne reformiert wird. Traditionell schneidet sie bei den Wahlkarten schlechter ab, als bei den im Wahllokal abgegebenen Stimmen. So verlor auch ihr Kandidat Norbert Hofer die entscheidenden Zehntelprozentpunkte bei der ersten Stichwahl dank der Briefwähler.

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