CSU flüchtet in die Krawallrhetorik

Flüchtlinge Die bayerische Partei will „Taktgeber Deutschland“ bleiben, eifert dabei aber der AfD nach: Ein Vorstandspapier verlangt Burkaverbot, Obergrenzen und ein Ende der doppelten Staatsangehörigkeit

Wer darf künftig hier noch rein? Polizist an der Autobahn A3 an der Grenze zu Österreich Foto: Maurice Weiss/Ostkreuz

Aus München Dominik Baur

„Deutschland wird Deutschland bleiben“, versicherte Angela Merkel am Mittwoch im Bundestag. Die Bundesrepublik werde also nicht, wie von vielen CSU-Politikern offenbar befürchtet, zu Afghanistan oder Saudi-Arabien mutieren. Die frohe Botschaft, und das war die Gemeinheit, nahm der bayerischen Schwesterpartei allerdings etwas den Wind aus den Segeln. Schließlich sollte dies eine der Kernforderungen auf der Vorstandsklausur im oberpfälzischen Schwarzenfeld werden: „Deutschland muss Deutschland bleiben.“

„Klarer Kurs bei der Zuwanderung“ heißt die Vorlage zur Klausur, in der auch diese Forderung steht. In 15 Punkten legt der CSU-Parteivorstand in dem Schriftstück seinen Zuwanderungskurs fest. Die Forderungen reichen von der Aufnahme der Leitkultur in die bayerische Verfassung über ein Burkaverbot bis hin zur Ausweisung straffälliger Flüchtlinge. Natürlich beinhaltet es auch Evergreens wie die Obergrenze und die Ablehnung der doppelten Staatsbürgerschaft.

Nur wenige inhaltliche Neuigkeiten finden sich in dem Papier. So fordert die CSU ein „Einwanderungsbegrenzungsgesetz“, das vorrangig „Zuwanderer aus unserem christlich-abendländischen Kulturkreis“ berücksichtigt. Ansonsten ist es ein Mix aus Allgemeinplätzen und bekannten Forderungen – allenfalls im Ton noch schärfer als bisher. Eine Rhetorik, wie sie Merkel vorgeschwebt haben dürfte, als sie am Mittwoch im Bundestag warnte: „Politiker, die wie wir hier Verantwortung tragen, sollten sich sowieso in ihrer Sprache mäßigen. Denn wenn auch wir anfangen, in unserer Sprache zu eskalieren, gewinnen nur die, die es immer noch einfacher und noch klarer ausdrücken können.“

Was in diesem Fall allerdings selbst für gestandene Rechtspopulisten eine Herausforderung sein dürfte. Durch das ganze CSU-Papier zieht sich eine Botschaft an alle, die es nach Deutschland drängt: Ihr seid hier nicht willkommen. Bei einem Großteil der Forderungen schwingt zudem ein unausgesprochener Vorwurf an die Adresse der Schutzsuchenden mit. So konzentrieren sich die Verfasser des Papiers auf Themen wie Scharia, straffällige Asylbewerber und Burka. Natürlich ist die Aussage, dass in Deutschland deutsches Recht und nicht die Scharia gelte, streng genommen nur eine Binsenweisheit. Ohne es direkt zu formulieren, unterstellt sie aber auch den Flüchtlingen per se, diese wollten die Scharia in Deutschland einführen.

Es sind oft kleine Formulierungen, die den Ton vorgeben. Von „Humanität für wirklich Schutzbedürftige“ ist da zum Beispiel die Rede. Man kann nur hoffen, dass die CSU nicht ernsthaft erwägt, den übrigen Flüchtlingen nicht nur eine Aufenthaltsgenehmigung, sondern auch eine humane Behandlung zu verwehren. Auch was die CSU unter Gastfreundschaft versteht, wird recht klar formuliert: „Wer zu uns kommen will, hat sich nach uns zu richten.“

Die Stoßrichtung ist klar: Rechte Rhetorik soll keinesfalls der AfD überlassen werden. „Das ganze Blabla ist jetzt vorbei“, kündigte entsprechend auch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer an. In den nächsten Monaten gehe es seiner Partei darum, auf „die Angst der Bürger vor einer geistigen und gesellschaftlichen Veränderung“ zu reagieren. CSU-Minister Ludwig Spaenle ließ indes keinen Zweifel daran, dass die CSU auch im Umgang mit der großen Schwester CDU weiterhin hart bleiben werde. „Wir in der CSU sind keine Separatisten. Aber wir haben eben den politischen Anspruch, als echte Volkspartei für das gesamte bürgerliche Lager eine Heimat zu sein, und streben den Wählerauftrag an, allein regieren zu können“, sagte Spaenle. Und: „Wir machen nicht alles mit, was die CDU vorgibt.“

„Wer zu uns kommen will, hat sich nach uns zu richten“

Aus dem Vorstandspapier der CSU

Bei der Lösung der Flüchtlingskrise und bei der Integration werde Bayern weiter „der Taktgeber Deutschlands“ bleiben, verspricht der CSU-Vorstand in seinem Papier. Wie, das ist allerdings unklar. Soll das Schriftstück als Blaupause für einen eigenständigen Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr dienen? Oder als Forderungskatalog für Nachverhandlungen innerhalb der Berliner Koalition? Am ehesten dürfte es dazu taugen, sich der eigenen Position zu vergewissern. Und die muss eben – getreu dem alten Strauß-Motto – so weit rechts sein, dass daneben keiner mehr Platz hat.

Gleich nach der Klausur in Schwarzenfeld wird sich Horst Seehofer am Sonntag mit Merkel und SPD-Chef Sigmar Gabriel treffen. Dem Vernehmen nach freut sich der CSU-Chef schon darauf.

Gesellschaft