Aleppo wird wieder belagert

SYRIEN Die Bewohner der Rebellengebiete sind erneut von jeder Versorgung abgeschnitten. Anschlagserie erschüttert mehrere Städte und fordert Dutzende Opfer

31. August: Kinder im Osten Aleppos beim Wasserholen Foto: Abdalrhaman Ismail/reuters

Von Beate Seel

BERLIN taz | Der von Rebellen kontrollierte Osten Aleppos wird wieder von Regierungstruppen belagert und die Bevölkerung ausgehungert. Nach mehrtägigen Luftangriffen und Kämpfen gelang es den Assad-Truppen und ihren Verbündeten, mit der Rückeroberung eines Militärkomplexes den Ring um den Osten der geteilten Stadt wieder zu schließen. Dort leben zwischen 250.000 und 300.000 Menschen.

Der Osten Aleppos wurde zum ersten Mal Mitte Juli von der Außenwelt abgeschnitten. Damals eroberten die Truppen des Regimes von Präsident Baschar al-Assad mit Unterstützung der russischen Luftwaffe, der libanesischen Hisbollah sowie weiterer Milizen und des Iran die einzig verbliebene Versorgungsroute der Rebellen, die Castello-Straße. Am 6. August griffen die Nusra-Front, der syrische Ableger von al-Qaida, und die salafistische Ahrar al-Scham vom Süden her die Stadt an und kämpften einen Durchbruch zu den Eingeschlossenen frei.

Mit der neuen Belagerung von Aleppo haben Assad und seine Verbündeten Fakten geschaffen, während die USA und Russland am Rande des G-20-­Gipfels in Hangzhou über eine Waffenruhe und humanitäre Hilfe für Syrien verhandelten. Doch auch die Präsidenten Barack Obama und Wladimir Putin erzielten keinen Durchbruch.

Bereits zuvor waren die Außenminister John Kerry und Sergei Lawrow ohne Ergebnis auseinandergegangen. Die diplomatischen Bemühungen sollen aber fortgesetzt werden. Der Vorstoß der Assad-Truppen in Aleppo bedeutet auch, dass die Position der Rebellengruppen im Fall einer neuen, breiter angelegten Verhandlungsrunde in Genf geschwächt ist.

Ungeachtet der Bemühungen um eine Feuerpause wurden am Montag Dutzende Menschen bei mehreren Anschlägen in Gebieten unter Kontrolle des Regimes und der Kurden getötet. Dies berichteten staatliche Medien sowie die Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Obama und Putin erzielten keine Einigung über eine Feuer­pause und Hilfe

Die Attentate fanden zwischen 8 und 9 Uhr morgens statt, was auf eine koordinierte Aktion hindeutet. Bis zum Nachmittag bekannte sich der „Islamische Staat“ (IS) zu einem Anschlag in der mehrheitlich von Kurden kontrollierten Stadt Hassaka; mehrere Menschen wurden getötet. Auch in der kurdischen Stadt Kamischli soll eine Bombe hochgegangen sein.

Die meisten Opfer, 35 Tote, gab es bei einem Doppelanschlag in Tartus. Die Küstenstadt ist eine Hochburg von Assad. Ein weiterer Anschlag in der zentralsyrischen Stadt Homs traf den Zugang des mehrheitlich alawitischen Viertels al-Sahra, ebenfalls mit mehreren Toten. Die Stadt wird, wie Tartus, von der Regierung kontrolliert.

Das staatliche Fernsehen berichtete zudem über eine Explosion an einem Autobahnzubringer westlich von Damaskus, die mindestens ein Opfer forderte. Der „Islamische Staat“ hat sich schon mehrfach zu Anschlägen in Tartus, Homs und Hassaka bekannt.