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Die Frau mit dem Plakat

Rechte Eine Iranerin kritisiert beim Volleyball medienwirksam das Stadionverbot für Frauen im Iran – und wird bedroht

Darya Safai Foto: Jeff Roberson/ap

RIO DE JANEIRO taz | Darya Safai hat den besten Platz. Erste Reihe, auf Höhe des Netzes, immer im Bild der Kameras. Sie trägt T-Shirt, kurzen Rock, ein Stirnband mit den iranischen Nationalfarben. Vor allem aber trägt sie ein Transparent: „Let Iranian women enter their stadiums“.

Volleyball, Iran gegen Russland. In der Islamischen Republik ist in den letzten Jahren ein wahrer Boom ausgebrochen. Die Spieler verdienen viel Geld und sind berühmt. Die Nationalmannschaft qualifizierte sich erstmals für Olympia und steht im Viertelfinale. Also wenden die Mullahs seit 2012 ein Gesetz an, das vorher nur beim Fußball galt: Frauen dürfen nicht ins Stadion. Nackte Männerbeine sehen, derbe Männersprache hören: „unislamisch“.

Safai mag nur ein universales Recht einfordern, Gleichstellung, das im Übrigen auch in der olympischen Charta steht. Aber das IOC interpretiert so etwas gern mal als unzulässige politische Botschaft. In der Pause kommt eine Helferin und bittet Safai samt Plakat zum Tribünenaufgang. Bestimmt muss sie es jetzt abgeben oder wird sogar aus der Halle geworfen? Doch die Helferin bringt sie zu anderen Zuschauern, die Fotos mit ihr und dem Transparent machen wollen. Bussi links, Bussi rechts, Safai geht zurück auf ihren Platz und hält weiter ihre Botschaft hoch. In der olympischen Welt ist das fast eine kleine Revolution.

Nach dem Spiel die nächste Überraschung: Auch zwei iranische Journalistinnen warten auf die verschwitzten Spieler in den kurzen Hosen. Verschleiert, klar, aber wie passt das zusammen? Berichten dürfen Frauen, nur zuschauen nicht, erklärt eine der beiden und blickt nervös auf das Telefon des Reporters. Dass es ja nicht mitschneidet.

Die Sonne geht gleich unter, Darya Safai steht vor dem Maracanãzinho, aufgekratzt, aber glücklich. Es sei viel besser gelaufen als beim letzten Spiel gegen Ägypten. Da war sie auch schon da und habe geweint, weil die Veranstalter sie wegziehen wollten und ein paar Leute sie bedrohten. Schließlich setzten sich ein paar Journalisten neben sie, danach hätte sich niemand mehr an sie herangetraut. Schlechte Presse fürchten Diktatoren wie Sportfunktionäre gleichermaßen.

Heute trifft der Iran im Viertelfinale auf Italien. Safai verspricht, wieder da zu sein mit ihrem Plakat, beschützt von Journalisten und Zuschauern. Florian Haupt

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