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Tommys, bleibt!

WAS SAGT UNS DAS? Die britischen Tories wollen die letzten Truppen aus Deutschland abziehen

Die Briten sollen gehen – unsere Briten. Das ist so traurig. Sollten die Konservativen die Wahlen im Vereinigten Königreich im Frühjahr gewinnen, dann ziehen sie die letzten 25.000 Soldaten der British Forces Germany ab, hat Schattenverteidigungsminister Liam Fox gesagt.

Eigentlich war der Abzug bis 2035 vorgesehen – das hätte den betroffenen Regionen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen Zeit zur Anpassung gegeben. Doch welche Verwerfungen wird es nach sich ziehen, wenn nun etwa die 1st Armoured Division samt Familien überstürzt aus Ostwestfalen abzieht! Der ursprüngliche Name der britischen Besatzungstruppen, „Rhine Army“, war immer falsch. Denn kulturell geprägt hat die Rheinarmee den Raum um Bielefeld herum, wo es keinen Rhein und auch sonst nichts außer dem Hermannsdenkmal gibt. Für viele Ostwestfalen waren die britischen Soldaten die einzigen Ausländer, die sie überhaupt je sahen. Dank der „Tommys“ haben sie erst gelernt, dass man mit Ausländern in einer Stadt wohnen kann, ohne mit ihnen reden zu müssen.

Um den einheimischen männlichen Nachwuchs vor Niederlagen bei Massenschlägereien zu bewahren, hing an Discotüren das Schild „Out of bounds“ – „Briten unerwünscht“. Britische Frauen und Kinder erkannte man stets daran, dass sie auch bei Minusgraden mit nackten, weißkalten Beinen herumliefen. Mit einem wohligen Schauder der Abgrenzung zogen die deutschen Mütter dann ihren Kindern die Wollmützen tiefer über die Ohren. Im Sommer lagen dieselben Beine krebsrot gebrannt im Freibad, die Reaktion auf deutscher Seite: „Sonnencreme“. Die Briten schließlich haben der Region den Radiosender BFBS gebracht, einen Fortschrittsmotor des Hörfunks und eine Möglichkeit, den englischen Akzent zu trainieren. Vielleicht bleibt ja der. UWI

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