Arm und schmutzig

Schifffahrt Deutsche Reedereien scheuen Investitionen in umweltfreundliche Antriebe. Das belegt die Reedereistudie 2016. Ihr Verband setzt dafür auf staatliche Subventionen für die Umrüstung an Bord

Deutschlands Reedereien sind zu arm, um sich mehr Umweltschutz leisten zu können. Das ist das Ergebnis der Reedereistudie 2016 der Hamburger Wirtschaftsberatungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PWC), die am Dienstag in der Hansestadt vorgestellt wurde. Danach glauben 64 Prozent der 104 im Mai und Juni befragten deutschen Reedereien, dass der LNG-Antrieb für Schiffe „keine oder fast keine Bedeutung“ erreichen wird.

Liquefied Natural Gas (LNG) wird als alternativer Kraftstoff zu Schweröl in der Schifffahrt schon seit Jahren diskutiert. Der Einsatz dieses Flüssigerdgases wäre ökologisch ein bedeutender Fortschritt. Gegenüber dem dreckigen Schiffsdiesel produziert LNG 25 Prozent weniger CO2, 80 Prozent weniger Stickoxide und gar keine Feinstäube und Rußpartikel.

Grund für die Zurückhaltung der Reedereien ist nach Einschätzung des Autoren der Studie, Claus Brandt von PWC, die Kostenfrage. Denn 71 Prozent der Befragten fürchten, dass sie die Investitionskosten nicht an die Kunden weitergeben können. Nach achtjähriger globaler Schifffahrtskrise und enormem Preisdruck auf dem Weltmarkt scheuen Reeder deshalb die Investitionen, sagt Brandt.

Von einer „kaum zu stemmenden Zusatzinvestition“ spricht auch Ralf Nagel, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Reeder (VDR) in Hamburg. Die erforderlichen Umrüstungen auf andere Motoren und Tanks würden die Kosten um etwa 30 Prozent erhöhen.

Die einzige deutsche Großreederei, die diesen Weg dennoch beschreitet, ist Aida aus Rostock. Die größte deutsche Kreuzfahrtreederei hat die zurzeit weltweit größte Investition in umweltfreundliche Antriebe für Luxusliner beschlossen. Seit Mai läuft die „Aidaprima“ LNG-betrieben von Hamburg aus zu wöchentlichen Kreuzfahrten auf der Nordsee aus. Zwei Schwesterschiffe sollen nächstes Jahr folgen. Die Branche setzt auf saubere Schiffe für saubere Meere als Imagegewinn und darauf, pro Fahrgast ein paar Euro draufsatteln zu können.

Für Hamburgs Staatsreederei Hapag-Lloyd ist das im ruinösen Wettbewerb der Containerriesen schwieriger. „Wir haben das Thema schon lange auf dem Radar“, versichert Pressesprecher Rainer Horn. Das Problem seien die Tankstellen. Große Containerfrachter liefen auf einer Reise acht bis zwölf Häfen an. Da müsse überall die Auftankung mit LNG gewährleistet sein.

Durch die aktuelle Fusion von Hapag-Lloyd mit der arabischen Reederei UASC aus Dubai verfügt Hapag-Lloyd nun auch über mehrere Riesenfrachter, „die LNG-ready sind“, sagt Horn. Die technischen Installationen seien an Bord, nun müssten nur noch die Häfen nachrüsten. Was schon in Hamburg eher zurückhaltend passiert. Eine schwimmende Tankstelle gibt es zwar auf einer LNG-Barge, bei rund 10.000 Schiffen, die jährlich den Hafen anlaufen, ist dies jedoch eine überschaubare Anzahl.

Hilfe verspricht indes die Bundesregierung. Sie will Ende des Jahres eine LNG-Förderrichtlinie vorlegen, verkündete im Juni das Bundesverkehrsministerium. Dann könne Deutschland endlich „eine Vorreiterrolle“ beim Umweltschutz einnehmen, freut sich VDR-Chef Nagel – auf Kosten der Steuerzahler. Sven-Michael Veit