Mildes Urteil für Gerichtsgutachter

JUSTIZ Ein 67-jähriger Psychiater soll Beschuldigte mit falschen Gerichtsgutachten unterstützt haben – doch gegen Geldauflagen wird der Prozess eingestellt

Der Prozess vor dem Amtsgericht Hannover dauerte nur eine Stunde: Ein wegen falscher psychiatrischer Gerichtsgutachten angeklagter Mediziner darf sich über ein mildes Urteil freuen. Gegen Zahlung von zwei Geldauflagen von je 2.500 Euro wird das Verfahren gegen den 67-jährigen Arzt eingestellt. Sein Mitangeklagter, ein 61 Jahre alter Unternehmensberater, ging sogar komplett straffrei aus.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem promovierten Psychiater Hans R. vorgeworfen, einer wegen Brandstiftung verurteilten Frau wahrheitswidrig eine schwere Depression bescheinigt zu haben. Allerdings habe R. die Patientin nie behandelt. Untersucht habe die Frau stattdessen der Unternehmensberater Walter N., der über keine medizinische Ausbildung verfügt. Einer weiteren Beschuldigten, der Medikamentendiebstahl vorgeworfen wurde, habe R. wider besseres Wissen Kleptomanie bescheinigt.

Der Fall nährte damit Zweifel an der Qualität psychiatrischer Gerichtsgutachten, die nicht erst seit dem Fall des Bayern Gustl Mollath wachsen: Sieben Jahre war der in geschlossenen Einrichtungen festgehalten worden – gestützt auf die Expertisen von Fachärzten, die Mollath teilweise nicht einmal untersucht hatten.

„Erwartbar“ sei das milde Urteil gegen die Angeklagten dennoch gewesen, so deren Anwälte. „Die schlechte Qualität eines Gutachten ist nicht strafbar“, sagte der Rechtsbeistand des Mediziners R., Dirk Schoenian.

Vorsätzliche Fehlbewertungen aber habe die Staatsanwaltschaft nicht nachweisen können: Zeuginnen, wie die durch die Gutachten begünstigten Frauen, waren nicht erschienen. Ebenso wenig die beiden Angeklagten: Von einem Kollegen mit Sitz auf Mallorca hatte sich der Mediziner R. eine Reiseunfähigkeit bescheinigen lassen. Und der Unternehmensberater N. soll aktuell sogar stationär behandelt werden – wegen Depressionen. WYP