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Nach den Anschlägen in ThailandViele Schuldige, keine Beweise

Den Attentaten folgen erste Festnahmen. Zugleich blühen Spekulationen, wer dafür verantwortlich sein könnte. Das Militärregime zeigt auf politische Gegner.

Nur wenige Thailänder und Touristen waren am Wochenende am Strand von Hua Hin unterwegs Foto: ap

Berlin taz | In Thailand reißen die Spekulationen über die mutmaßlichen Verantwortlichen für die Anschläge am Donnerstag und Freitag nicht ab. Die Polizei ließ erklären, dass ihr die Hintermänner bekannt seien. Wen die Beamten genau verdächtigen, sagten sie aber nicht. Bei den Anschlägen habe es sich um eine koordinierte Aktion gehandelt, die von einer Person angeordnet und einer Gruppe ausgeführt worden seien, so Vizepolizeichef Pongsapat Pongcharoen. Verbindungen zum internationalen Terrorismus schloss die Polizei aus. Stattdessen sprach sie von „örtlicher Sabotage“.

Bislang hat sich niemand zu den gezielt in Urlaubsregionen verübten Attentaten bekannt, bei denen vier Menschen getötet und Dutzende verletzt wurden. Bestätigt haben die Ermittler nur, dass es eine Festnahme wegen eines Brandanschlags auf einen Supermarkt gab.

Außerdem wurde ein Aktivist aus Trang, wo eines der Todesopfer zu beklagen war, zum Verhör abgeführt. Dieser hatte einst ein Schreiben mit unterzeichnet, in dem der Militärputsch vom Mai 2014 kritisiert wurde.

Es ist naheliegend zu vermuten, dass die Täter das Militärregime diskreditieren wollen, das den Putsch damit legitimiert hatte, wieder Ruhe und Ordnung zu schaffen. Heikel ist nur, dass – wie schon in der Vergangenheit – das Regime auch diesmal schnell dabei ist, angebliche Verantwortliche auszumachen.

Zusammenhang mit dem Verfassungsreferendum?

Trotz fehlender Beweise scheuten sich die Behörden nicht, wenig verbrämt mit dem Finger auf politische Erzgegner zu zeigen. Dabei stehen die Anhänger der 2014 gestürzten Regierungspartei Puea Thai unter der früheren Premierministerin Yingluck Shinawatra im Fokus sowie ihr Bruder Thaksin, der 2006 von der Armee entmachtet worden war.

Die Mutmaßungen besagen, dass die Anschläge in Provinzen verübt wurden, in denen die Menschen vor mehr als einer Woche mehrheitlich für eine umstrittene Verfassung gestimmt hatten, die einzig darauf zielt, die Macht der Militärs langfristig zu zementieren. Auch der 12. August ist symbolträchtig, da an diesem Tag Königin Sirikit Geburtstag hat.

Polizei und Soldaten fahnden vor allen Dingen nach politischen Sündenböcken

Die Monarchin hat in der Vergangenheit gezeigt, auf welcher Seite des politischen Spektrums sie steht: Als im Jahr 2008 die „Gelbhemden“ der „Volksallianz für Demokratie“ (PAD) gegen die damalige Thaksin-treue Regierung protestierten und den Regierungssitz sowie den internationalen Flughafen lahmlegten, hatte Sirikit die Beerdigung einer PAD-Anhängerin besucht. Indes meinen Junta-nahe Kreise, hinter den Attacken stünden Gruppen, „die an politischer Macht verloren hätten“.

Die Opposition dementiert Beteiligung

Die Anhänger des Lagers um Thaksin und Yingluck wollen das nicht auf sich sitzen lassen. So erklärte die außerparlamentarische Bewegung der „Rot­hemden“ (UDD), es gebe keinen Grund, solche Taten zu begehen. „Wir sind leicht zum Sündenbock zu machen“, zitierte eine Webseite Thida Thavornset, ein führendes UDD-Mitglied. Das Regime würde das Gesicht verlieren, würde es die Angriffe internationalen Terroristen oder Gruppen innerhalb des Militärs anlasten.

Ebenso schnell schlossen die Ermittler muslimische Rebellen als mögliche Täter aus, obwohl einige der Bomben jenen ähnelten, die bei Anschlägen im tiefen Süden verwendet würden, so die Polizei.

Das Regime will sich nicht eingestehen, dass es den seit 2004 anhaltenden Konflikt in den Provinzen Yala, Pattani und Narathiwat, die alle gegen die Verfassung gestimmt hatten, nicht in den Griff bekommt. Mit einigen Ausnahmen hatten die Extremisten ihre Anschläge bislang auf die drei südlichsten Provinzen konzentriert.

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1 Kommentar

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  • 3G
    33641 (Profil gelöscht)

    Seit 2004 kamen in den südlichen Unruheprovinzen ca. 6500 Menschen ums Leben. Das sind Bürgerkriegsausmaße, die die Welt nicht zur Kenntnis nehmen will. Thailand hat sich mit der Regierungsübernahme Thaksin's 2001 von einer erfolgreichen Friedenspolitik zugunsten einer Hardlinerpolitik, die mehr Wählerstimmen bringt, verabschiedet. Alle nachfolgenden Regierungen profitieren ebenso am populistischen und nationalistischen Stimmenfang. Die Nationalisten setzen den Frieden auf's Spiel. So wie überall.