THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Nicht, dass die theaterfreie Zeit nicht auch gute Seiten hätte. Es muss zum Beispiel die Verfasserin dieser Kolumne deutlich weniger PR-Prosa lesen, mit denen Künstlerinnen und Künstler, Theaterinnen und Theater ihre Produktionen zu beschreiben und als relevant zu behaupten versuchen. Es ist angesichts dieser verquasten und meist völlig unverständlichen Diskurshustenanfälle eigentlich völlig unverständlich, dass überhaupt noch Menschen sich derart beschriebene Veranstaltungen ansehen wollen. Ja, wären eben nicht so freundliche Autor*innen von Kolumnen wie dieser, die den PR-Quatsch in irgendwie lesbare Formen bringen würden, die aus dem Wortschlamm die Sinngoldklumpen bergen und eine Vorstellung zu vermitteln versuchen, worum es sich handeln könnte. Aber wie gesagt, von derartiger Lektüre wird man derzeit verschont. Das E-Mail-Postfach bleibt angenehm leer und luftig, auch Pressemenschen und Dramaturg*innen machen Gott sei Dank einmal Urlaub. Ja. Und Veranstaltungen wie diese kommen eigentlich ohne Worte aus: Denn es ist Sommer und auf dem Tempelhofer Feld hat das Theater Anu wieder einmal Station gemacht. Dreitausend Kerzen wurden aufgestellt, und nach Einbruch der Dunkelheit können sich die Besucher durch ein Lichterlabyrinth, darin verborgene Geschichten, Bilder und Musik bewegen. Das ist was fürs Auge und ein bisschen kitschig ist es natürlich auch. Aber ein feines Sommervergnügen (Tempelhofer Feld / Eingang Columbiadamm: „Die große Reise“, 11.–14. 8., ab 21.15 Uhr, Spielzeit bis 0.15 Uhr, von den Veranstaltern empfohlene Verweildauer: 70 bis 90 Minuten, theater-anu.de).

Dass der Spielzeitbeginn naht, ist allerdings langsam auch zu spüren: Am 12. 8. steht die Eröffnung des traditionsreichen Internationalen Festivals „Tanz im August“ bevor. Erstes Highlight ist am 13. 8. das Berlin­debüt des belgischen Theaterkollektivs „Peeping Tom“ mit „32 rue Vandenbranden“. Das 2010 uraufgeführte Stück ist eine getanzte Sozialstudie über Menschen in einer verschneiten Wohnwagensiedlung. Aber natürlich nicht wirklich. Denn man schaut zwar durch fremde Wohnwagenfenster und sieht sonderbaren Gestalten bei ihrem klaustrophobischen Treiben zu, doch dabei gerät man in eine Zwischenwirklichkeit, die nicht immer so freundlich und poetisch ist, wie es zunächst scheint. Das Stück ist inspiriert von Shohei Imamuras berühmtem Film „Die Ballade von Narayama“ über eine abgeschiedenen Dorfgemeinschaft im Japan des 19. Jahrhunderts und ihre unbarmherzigen Sitten (Tanz im August / Haus der Berliner Festspiele: „32 rue Vandenbranden“, 13./14. 8., jeweils 19 Uhr).