Friede, Freude, Trendsportarten

Kritik IOC-Präsident Thomas Bach freut sich auf „großartige Spiele“. Am Chaos im Vorfeld von Olympia seien andere Schuld

BERLIN taz | Das Thema Doping steht gar nicht auf der Tagesordnung. Bei seiner am Montagabend eröffneten Hauptversammlung in Rio de Janeiro wollte das so profitabel wirtschaftende Internationale Olympische Komitee (IOC) Weichen stellen, um seine Erfolgsbilanzen künftig noch weiter in die Höhe zu schrauben. So werden die derzeit 90 IOC-Mitglieder etwa über die Aufnahme trendiger Sportarten wie Bergklettern, Surfen oder Skateboardfahren ins Programm für die Sommerspiele 2020 in Tokio abstimmen. Den gegenwärtigen Entrüstungssturm versucht man beim Weltverband hingegen auszusitzen.

Ausgelöst wurde dieser durch die Entscheidung, Russland trotz systemischen Dopings bei den am Freitag in Rio beginnenden Olympischen Spielen nicht komplett auszuschließen, die Athletin und entscheidende Whistleblowerin Julia Stepanowa aber aufgrund ethischer Bedenken nicht starten zu lassen. Allen voran der ins Kreuzfeuer der Kritik geratene IOC-Präsident Thomas Bach gibt sich unbeeindruckt. „Wir sind zuversichtlicher denn je, dass wir großartige Spiele erleben werden“, teilte er vor der Presse in Rio mit. Die Entscheidung, auch den zweiten Antrag auf Teilnahme von Stepanowa abzuweisen, sei zwar „schwierig“ gewesen; Bach verwies in der Begründung jedoch auf das olympische Regelwerk.

Einige deutsche Athleten haben sich inzwischen kritisch zur IOC-Politik geäußert, darunter der Diskuswerfer Robert Harting und die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein. Thomas Kurschilgen, Sportdirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV), bezeichnete den Beschluss im Fall Stepanowa als „Kniefall vor den Russen“ und „dunklen Tag für die ehrliche Sportwelt“.

Nachdem die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) das IOC mit ihrer Empfehlung, alle russischen Sportler für Olympia zu sperren, gehörig unter Druck gesetzt hatte, schob Bach nun seinerseits der Wada die Verantwortung für das derzeitige Chaos zu. Wenige Tage vor der Eröffnungsfeier ist immer noch nicht klar, welche russischen Athleten denn nun starten dürfen. Das IOC, sagte Bach, sei nicht verantwortlich für „das Timing des McLaren-Reports“, nicht für den zögerlichen Umgang mit belastenden Hinweisen gegen Russland und auch „nicht für die Beaufsichtigung der Anti-Doping-Labore“. Unerwähnt ließ Bach allerdings, dass das IOC mit seinen Milliardengewinnen sehr wohl maßgeblich für die dürftige finanzielle Ausstattung der Wada verantwortlich ist. Johannes Kopp

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