Mit kommunistischen Wurzeln

Nachruf Er engagierte sich in der Basisgruppenarbeit mit der sozialen Revolution im Blickpunkt: Ex-SDSler Peter „Ramba“ Rambausek ist tot

Die letzten „68er“ sterben jetzt. Nun ist auch der SDSler Peter Rambausek tot. „Ramba“ gehörte zur militanten Fraktion des SDS, die weg von den Universitäten wollte und sich in Stadtteilen und Betrieben zu „verankern“ suchte – im Bestreben, die Studentenbewegung in eine gesamtgesellschaftliche ­Bewegung zu transformieren.

Peter Rambausek engagierte sich in der Basisgruppe Wedding, die entstand, als einige Arbeiter aus der Telefunken-Fabrik an den SDS herantraten, um mehr über die Studentenrevolte zu erfahren, als sie den Springerzeitungen entnehmen konnten.

Ramba wurde in Berlin geboren, sein Vater war Hans Janocha, der als kommunistischer Kämpfer nach Spanien gegangen war. Seitdem gilt er als verschollen. Im Traditionskabinett des Prenzlauer Bergs im Thälmannpark wird an ihn erinnert. Rambas Mutter, Lotte Rambausek, war als Kurierin im illegalen Apparat der KP tätig, ihren Sohn gebar sie im Januar 1934 im Gefängnis. 1944 ging sie als Praxishelferin ins Ruhrgebiet.

Peter wuchs bei einer Pflegemutter auf und kam 1941 mit der Kinderlandverschickung nach Böhmen, von wo aus er 1945 mit einem sowjetischen Militärtransport wieder nach Berlin zurückgelangte. Die Ostberliner „Spanienkämpfer“ besorgten ihm später eine Schlosserlehrstelle im Babelsberger Karl-Marx-Werk, anschließend kam er zur Kasernierten Volkspolizei, von 1953 bis 56 diente er bei der Volksarmee. Danach erwarb er auf der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät die Hochschulreife, mit der er an der Humboldt-Universität Medizin studierte. Von dort aus wechselte er 1961, gleich nach dem Mauerbau, mit einem falschen US-Pass in den Westteil der Stadt über, wo er sich an der FU in Politikwissenschaft immatrikulierte. Seine Diplomarbeit schrieb er über die „Arbeiteropposition“ in der KPdSU.

Als 1969 die ersten maoistischen Parteigründungen stattfanden, gab er zusammen mit einigen anderen SDSlern die Zeitschrift Die soziale Revolution ist keine Parteisache heraus und war wenig später an der Organisation des Westberliner „Kronstadt-Kongresses“ beteiligt. Nach dem Mauerfall begann er nach dem Verbleib seiner Mutter zu suchen. Leider entdeckte er ihre Spur erst, kurz nachdem sie gestorben war: 1990 in Köln.

Politisches Zusammenleben

Ramba hatte sich Anfang der Achtziger an der Gründung einer „Werkschule“ in Wedding beteiligt – unter anderem für aus Heimen geflohene Jugendliche. Es sollte kein Erzieher-Zögling-Verhältnis mehr sein, in dem die einen aus den anderen anständige Menschen machen, sondern ein Projekt „politischen Zusammenlebens“. Die Jugendlichen machten dort ihren Hauptschulabschluss, während sie zusammen zwei Mietshäuser ausbauten: in der Wriezener und in der Stettiner Straße.

Peter Rambauseks Freund, der inzwischen ebenfalls verstorbene Rüdiger Stuckart, der den vorletzten Kurs von 1986 bis 1989 mitbetreute, meinte, dass ihr politischer Anspruch im täglichen Alltagskampf – gegen das „Versumpfen“ der Jugendlichen im Hasch und Suff etwa, bei dem die Erzieher schließlich zu einer „Sauberes Klo“-Fraktion herunterkamen – immer abstrakter wurde. Bis sie schließlich auch nur noch eine sozialpädagogische Maßnahme unter anderen waren. „Die Utopie der Jugendlichen sah zuletzt durchweg so aus, dass sie sich eine Einzelwohnung im Grunewald wünschten mit einem Glasschreibtisch, darauf einen Computer und vor der Tür einen Sportwagen.“

Immerhin: Die Werkschule häufte seit ihrem Bestehen fast eine halbe Million Mark an und besaß zwei Häuser. Damit gründete die Gruppe eine gemeinnützige Stiftung, mit der „Einrichtungen im Bereich von Erziehung, Bildung, Völkerverständigung, Jugend und Altenhilfe“ unterstützt werden sollten, „insbesondere wenn diese ihre Ziele in Form selbst verwalteter Projekte verfolgen oder das selbst bestimmte Leben von Menschen mit Behinderungen fördern“. Ich erinnere mich, dass sie unter anderem der Weddinger Mädchen-Punkband Böse Tanten ihre erste CD finanzierte.

Peter Rambausek, der bis zuletzt im Wedding wohnte, beteiligte sich ab Mitte der Neunziger an der Renovierung eines Bauernhauses in Brandenburg, wo er sich dann auch oft aufhielt. Am Montag ist er 82-jährig verstorben. Helmut Höge