Terror in der Ukraine: Tödlicher Anschlag auf Journalisten
Pawel Scheremet stirbt bei der Explosion einer Autobombe im Zentrum von Kiew. Er war ein erklärter Kritiker der russischen Ukraine-Politik.
Augenzeugen berichten, Scheremet habe noch kurz um Hilfe gerufen. Die Explosion, so die Polizei, sei aus dem Innern des Wagens gekommen. Nur eine Stunde nach dem Tod des Journalisten sprach Generalstaatsanwalt Juri Luzenko angesichts der drückenden Beweislast von einem Mord.
Die Täter seien Profis gewesen, sagte Sorjan Schkirjak, Berater des ukrainischen Innenministers. Das sei an der Konstruktion der unten am Auto angebrachten Bombe zu erkennen. Die Bundespolizei leitete sofort strafrechtliche Ermittlungen ein.
Pawel Scheremet, ein Weißrusse mit russischem Pass, war ein enger Freund des ermordeten russischen Oppositionspolitikers Boris Nemzow. Die russische Ukrainepolitik hat er stets offen abgelehnt. Vor drei Jahren war er von Moskau in die Ukraine übergesiedelt.
Bevölkerung schockiert
Der Mord an Scheremet schockiert nicht nur die ukrainische Bevölkerung. Auch in Weißrussland und Russland ist man entsetzt. Der bei seinem Tod 44-jährige Scheremet hatte 1996 die Stelle eines Korrespondenten beim ersten russischen Fernsehens in der weißrussischen Hauptstadt Minsk angetreten. Dort hatte er schon ein Jahr später durch eine Reportage von der litauisch-weißrussischen Grenze den Zorn des weißrussischen Behörden auf sich gezogen. In der Folge saß er drei Monate in Haft.
Nach seiner Entlassung war er nach Russland übergesiedelt, wo er für verschiedenen Zeitungen und Fernsehstationen gearbeitet hatte. Vor drei Jahren begann er für ukrainische Medien zu arbeiten, darunter auch das Internetportal Ukrainska Prawda. „Es ist vor allem das Lachen von Scheremet, das ich nicht vergessen werde“, erinnert sich Sergei Nikitin vom Moskauer Büro von Amnesty International an den ermordeten Journalisten.
„Dies ist nicht der erste Mord an einem Journalisten in der Ukraine“ so Nikitin. „Die Behörden des Landes müssen alles tun, um zu verhindern, dass ein Journalist getötet wird, nur weil er seine Arbeit macht“, so der Menschenrechtler.
Auch die OSZE verurteilte den Mord. Dunya Miyatovich, Beauftragte für die Freiheit der Medien, verurteilte den Mord und rief die ukrainischen Behörden auf, die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen. „Ich weiß, warum er umgebracht wurde“, kommentiert Nadja, eine Rentnerin in Kiew, die an einer Haltestelle auf ihren Bus wartet, den Mord. „Dafür, dass er immer die Wahrheit gesagt und geschrieben hat“.
Angriff mit einem Messer
Viele Bewohner in Kiew fragen sich jetzt, warum man ausgerechnet auf einen Journalisten einen Anschlag verübt hat, der mit den ukrainischen Behörden nicht in Konflikt geraten war. Doch der Anschlag könnte auch einer anderen Person gegolten haben: der Chefin des Internetportals Ukrainska Prawda, Olena Prytula. Der Wagen, in dem ihr Lebensgefährte Scheremet getötet wurde, gehörte ihr.
Unterdessen wurde bekannt, dass eine weitere Journalistin tätlich angegriffen wurde. Maria Rydvan, Redakteurin der ukrainischen Ausgabe von Forbes, war am Dienstag in einem Kiewer Park von einem Unbekannten mit einem Messer attackiert und dabei leicht verletzt worden.
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