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Aus dem Park aufs Brot

Pasten Von Blüten über pürierte Makrelenfilets bis zur Vogelmiere gibt es viele spannende Zutaten, die man sich mit wenig Aufwand auf die Stulle schmieren kann

Mit selbst gesammelten Zutaten bekommt die Stulle ein neues Gesicht Foto: Anja Bäcker/plainpicture

von Volker Engels

Brotaufstriche und Pestos lassen sich schnell und unkompliziert zubereiten. „Mit Fantasie und Kreativität kann man aus fast allem, das sich pürieren lässt, einen leckeren Brotaufstrich herstellen“, sagt Kochbuchautorin Heike Kügler-Anger. Wer auf Milchprodukte wie Quark oder Joghurt als Grundlage eines Aufstrichs verzichten will, kann gegartes Gemüse pürieren oder mit der Gabel zerdrücken oder Seidentofu nutzen, um die Grundlage für einen wohlschmeckenden Aufstrich zu kreieren. „Es macht Spaß“, sagt die 54-Jährige, „mit dem Geschmack zu spielen“. Vor allem Hülsenfrüchte wie Linsen, Kichererbsen oder Bohnen bieten sich als Basis für eine weitere Veredelung an. „Gemixte dicke weiße Bohnen haben eine cremige Konsistenz.“ Mit Walnüssen, Thymian, Rosmarin und einem Schuss Sahne verfeinert „ergibt das einen tollen Geschmack“. Auch mit Walnuss- oder Arganölen lassen sich weitere Geschmacksnoten in die Pasten bringen. Freunden fischiger Küche empfiehlt sie, pürierte Makrelenfilets mit Meerrettich und Sahne abzuschmecken. „Getrocknete Tomaten, mit Sardinenfilets zu einer Paste verarbeitet, bekommen einen mediterranen Touch.“

„Wer seine Aufstriche selbst herstellt, weiß sicher, welche Inhaltsstoffe enthalten sind“, sagt Kügler-Anger. Das sei gerade für Menschen, die unter Unverträglichkeiten oder Allergien leiden, von Vorteil. „Wichtig ist es, die Aufstriche in sterile Gläser zu füllen, damit die frischen Zutaten nicht so schnell verderben.“ Im kochenden Wasser oder im Backofen ist es aber leicht, für die nötige Keimfreiheit der Gläser zu sorgen. Während frische Aufstriche aus Quark oder Avocado schnell verbraucht werden sollten, sind Pasten mit gekochten Zutaten „deutlich länger haltbar“.

Frische Zutaten sind das A und O bei der Herstellung. Wer sich den Gang in den Supermarkt oder Bioladen sparen will, kann sich die benötigten Zutaten selbst sammeln. Stefan Ludwig bietet Exkursionen in den Berliner Volkspark Pankow an, bei denen er mit Interessierten Kräuter und Wildobst sammelt, aus denen anschließend schmackhafte Aufstriche zubereitet werden.

Seine vegane Leberwurst besteht aus Weißdorn, Öl und Zwiebeln sowie einer Spur Beifuß. „Diesen Aufstrich kann man zwei bis drei Wochen im Kühlschrank lagern, obwohl er keine Konservierungsstoffe enthält.“ Sojabutter reichert er unter anderem mit selbst gesuchtem Klee, Spitzwegerich oder Brennnesseln an. Allein um den Geschmack geht es dem Kräuterpädagogen und Gärtner nicht: „Viele Wildgemüse und Kräuter enthalten viel mehr Mineralstoffe als Kopfsalat.“ Dabei darf es auch ruhig etwas herzhafter sein: „Wir haben durch die Zusatzstoffe in vielen Lebensmitteln verlernt, auch einen bitteren Geschmack zu würdigen.“

Aus gesammeltem Bärlauch, Öl sowie gerösteten Pinien- oder Sonnenblumenkernen stellt Ludwig bei seinen Seminaren auch Pesto her, das eben nicht nur Nudeln, sondern auch die Scheibe Brot bereichert. Ergänzen lässt sich der Aufstrich mit der als Unkraut diffamierten Vogelmiere, die sich durch einen hohen Vitamin-C-Gehalt auszeichnet. „Bevor wir die Kräuter zu Aufstrichen verarbeiten, werden sie gewaschen und in einer Salatschleuder getrocknet.“

Vorsicht, wenn’s wild wird

Auf Berliner Wochenmärkten gibt es ein breites Angebot selbst hergestellter Aufstriche und Pestos in Bioqualität. Wem die Suche nach Kräutern auf Feld und Wiesen zu aufwendig oder gefährlich ist, findet dort die Zutaten für die hausgemachte Paste. Die Brandenburger Biokräuterei Oberhavel vertreibt zum Beispiel auf Märkten selbst hergestellte Pestos, die sich auch als Brotaufstrich eignen. Die Zutaten haben Bio-Qualität, die Kräuter werden auf einem 6 Hektar großen Arial nördlich von Oranienburg angebaut. „Der Bio-Anbau ist nicht nur frei von Pestiziden“, sagt Inhaber Matthias Anders, „auch die Böden profitieren.“ Alle vier Jahre werde die Fruchtfolge verändert, sodass „die Böden nicht ausgelaugt werden“.

Weil das Auge bekanntlich mitisst, bieten die Brandenburger neben Gemüse und (Wild-)Kräutern auch essbare Blüten an, die Aufstriche optisch veredeln. Wer Wildpflanzen in der Küche verwendet, „sollte sich gut damit auskennen“, damit es nicht zu gefährlichen Überraschungen kommt“, rät Kräuterexperte Ludwig.

Streichzarte Bücher

„Vegane Brotaufstriche: Süßes und Pikantes natürlich selbst gemacht“. Von Heike Kügler-Anger, Pala Verlag, 14 Euro

„Brotaufstriche selbst gemacht: Süßes und Pikantes aus der Vollwertküche“. Von Jutta Grimm, Pala Verlag 9,90 Euro

„Brotaufstriche selbst gemacht: Einfache Rezepte aufs Brot von herzhaft bis süß“. Von Martina Kittler, Gräfe und Unzer Verlag. 12,99 Euro

Denn regelmäßig kommt es zu Vergiftungen, wenn zum Beispiel leckerer Bärlauch mit giftigen Maiglöckchen verwechselt wird.

www.hkanger.de

www.stefanludwig.de

www.biokraeuterei.de

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