KUNST

KunstNoemi Molitorschaut sich in Berlins Galerien um

In ihrem helixförmig eingerückten Gedicht „Rose Quartz and Serenety“ hält Elvia Wilk nüchtern fest: „The amount of science we can / do these days is enourmous: / resolving galaxies in the blink of an / Extremely Large Telescope (…)“. Vanessa Safavis Andeutung aus Silikon und Sand, „No Man No Moon“, zu Folge, haben wir sogar den Mond konstruiert. In „Unexpected Others“ bei l’atelier-ksr verwachsen die Arbeiten förmlich miteinander. Violet Dennisons„Unity (Cloud 2)“, ein Wolkenkonglomerat aus Aluminium, Nylon und Wolle, scheint aus Clemence de La Tour du Pinsebenso organischem Gebilde aus Ketten, Kerzenstummeln und Spielzeugflügeln zu erwachsen. Ölige Schwärze sammelt sich am Boden. Die Treppe runter bildet ein von schmutzigen Plastikfetzen umrahmter Videoscreen von Adam FearonStaub, Sturm und Sand in verschiedensten Ausformungen ab, von Fersenschleifer bis In­dus­trie­staubsauger(bis 16. 7., Do.–Sa., 14–19 Uhr, Großbeerenstr. 34).

Industriekonventionen interagieren auch in Thomas Struths Fotoausstellung „Nature & Politics“ im Martin-Gropius-Bau. Großformatig präsentierte Forschungslabore zeigen Produktionsorte, zu denen für Außenstehende selten Zugang besteht. Die Innenansichten heben Fantasy und Forschung auf eine Bildebene und sind von einer Farbigkeit (das Grün eines Wellentanks, das Türkisblau einer Vakuumkammer), die zum Zeichensystem einer Ästhetik der Technik wird. Auf Fotos aus Operationssälen wird der Triumph, kurz zum Insider geworden zu sein, aber gebremst: Plötzlich ist da eine „Figure“ auf dem OP-Tisch zu verzeichnen, Ärzte, Instrumente. Und doch entstehen auch hier aus Komposition und Lichteinfall abstrakte Formationen. Vieles erinnert bei Struth an Science Fiction-Szenen, wird aber sogleich durch Aufnahmen von Disneyattrappen und tatsächlichen Anlagen aus der Raumfahrt relativiert. Die wiederkehrenden Rundungen bunter Kabel, die sich an zentralen Stellen verdichten, sind aber – anders ginge es gar nicht – mit Plastikbindern fein säuberlich geordnet (bis 18. 9., Mi.–Mo., 10–19 Uhr, Niederkirchnerstr. 7).

In der n.b.k. unterzieht Elisabeth Prize in ihrer Videoarbeit „The Woolworths Choir of 1979“ Recherchematerialien und Archivaufnahmen einem eigenen visuell-akustischen Ordnungsprinzip. Klicks, Claps und schnelle Schnitte illustrieren Chorgestühle in mittelalterlichen Kathedralen. Zum Auftritt kommt es aber nie, stattdessen geraten die Zeugenaussagen zu einem Brand bei Woolworth in Manchester, 1979, in eine repetitive Rhythmusschleife – ein Fire/Choir, der Videotechnik an sich besingt (bis 29. 7., Di.–Fr., 12–18, Do. 12–20 Uhr, Chausseestraße 128–129).