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Proteste gegen WindradDas Schweigen des Umweltsenators

Landkreis und Umweltschützer sind gegen ein geplantes Windrad am Osterholzer Bultensee – im Interesse der Tiere und des Hochwasserschutzes.

Naturschüzer fürchten, dass sich der Ausbau der Windkraft negativ auf Vögel und Fledermäuse auswirkt. Foto: Ralf Hirschberger/ dpa

BREMEN taz | „Es gibt hier noch überhaupt keinen Antrag auf Genehmigung“, sagt Jens Tittmann, der Sprecher des Bremer Umweltsenators. Daher könne man im Grunde wenig sagen darüber, wie hoch die Windenergieanlage werden soll, wann es gesetzlich vorgeschriebene „Abschaltzeiten“ geben könnte wegen des Vogelfluges und wegen der Fledermäuse, ob sie überhaupt gebaut wird. Klar ist nur: Theoretisch, nach Flächennutzungsplan, wäre ein Windrad etwas nördlich vom Bultensee, direkt an der Landesgrenze, möglich.

Und ganz praktisch haben zwei Bauern schon Anrufe bekommen, vor Monaten. Bauern, denen das Land dort gehört und Bauern, die das Land gepachtet haben. Wer hat angerufen? „Das Bremer Energiekontor.“ Mal, sagen sie, habe das Energiekontor viel Geld versprochen, mal wenig.

Es geht um die Überwegung: Für den Bau der schweren Anlage müssen in den morastigen Untergrund Schwertransport-Straßen gebaut werden. Eine Grundwasserabsenkung steht an, Bodenverdichtung. Und dann geht es um den Standort des Windrades. „Ich möchte, wenn ich da mähe, keine toten Vögel in meinem Futter haben“, sagt einer der betroffenen Bauern. Andere züchten dort Pferde. Macht der Flügelschlag Pferde scheu? Wer weiß.

Von Oberneuland nach Osterholz

Direkt hinter der Landesgrenze wohnt seit 27 Jahren Werner Martin, Betriebswirt. Knapp 500 Meter trennen sein Wohnhaus von dem möglichen Bauplatz. Er ist die treibende Kraft der Bürgerinitiative, die sich gegen das Windrad wehrt. Zwar ist sein Landkreis Verden gegen das Windrad, er hat aber wenig zu sagen, weil das Baugrundstück auf Bremer Gebiet liegt.

Nur die Zufahrt soll auf Verdener Gebiet gebaut werden. Der zuständige Beirat Osterholz hat sich bisher wenig für das Thema interessiert. Als jüngst ein Fachausschuss tagte, war der Vertreter des Umweltsenators nicht gekommen, um Bericht zu erstatten.

Vor einigen Jahren war noch ein Windenergie-Standort weiter nördlich im Gespräch, beim sogenannten „Oberneulander Schnabel“. Diese ins Niedersächsische hineinragende Landzunge war „bremisch“ geblieben, als die Fischerhuder Wümmeniederung im Jahre 1905 im Austausch für Bremerhavener Hafenflächen an Niedersachsen gegeben wurde. „Wir vom Beirat Oberneuland haben gegen die Windradpläne heftig protestiert“, sagt Siegfried Fliegner, CDU-Beiratsmitglied. Neben der eigenen Lobby hatte Oberneuland die „Sing- und Zwergschwäne“ auf seiner Seite, die dort rasten und immer noch nicht gelernt haben, Windräder zu umfliegen. Der Standort für das Windrad wurde nach Süden ins Osterholzer Gebiet verlegt und verkleinert.

Ein solches Projekt atmet den Zeitgeist von vorgestern

Aus einer Protestnote der Stiftung „NordWest Natur“ (NWN)

Kein Erweiterungspotential

Für den Vogelschutz in den Borgfelder Wümmewiesen und den Landschaftsschutz rund um den Bultensee ist die Stiftung „NordWest Natur“ (NWN) zuständig, beauftragt vom Bremer Umweltsenator. Die Naturschützer lehnen das Windrad-Projekt dort strikt ab. „Ein solches Projekt atmet den Zeitgeist von vorgestern“, heißt es in der Protestnote des NWN, schlicht weil es keinerlei Erweiterungspotential gibt – es bliebe ein „alleinstehendes“ Rad – und weil die Vögel bedroht sind.

Die Verlagerung des Standortes um wenige hundert Meter habe das Problem nicht aus der Welt geschafft, sagt NWN-Geschäftsführer Gunnar Oertel. Vögel flögen nicht immer hundert Prozent auf derselben Linie, schon weil für die Rastplätze der Vögel entscheidend sei, ob die Wiesen unten gerade überschwemmt seien oder nicht. Und zudem seien die Flächen Hochwasser-Überschwemmungsflächen, in die die Zufahrtsstraße zum Windrad gebaut werden müsste.

Klimaschutz versus Naturschutz

Bremens grüner Umweltsenator Joachim Lohse steckt in einem Dilemma. Seine Abteilung hat das Windrad mit denselben Argumenten abgelehnt, wie sie nun von den Umweltschützern vorgetragen werden. Seine Bauabteilung will aber möglichst viele Standorte für Windräder ausweisen – innerhalb der engen Landesgrenzen.

„Wir hatten enorme Zahnschmerzen mit diesem Standort“, räumt Behördensprecher Tittmann auch ein, da stünden Klimaschutz und Naturschutz im Konflikt. Vorgeschriebene „Abschaltzeiten“ für Vogelflug und Fledermäuse wären gesetzliche Möglichkeiten, um einen Kompromiss zu finden.

Vielleicht ist das der Grund, warum der Senator mit der Bürgerinitiative nicht sprechen will. „Vom Umweltsenator bekommen wir nichts, keine Antwort, keinen Termin“, klagt BI-Sprecher Werner Martin.

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