piwik no script img

heute in hamburg„Unerträgliche Würdigung“

PROTEST Eine Straße wird symbolisch umbenannt, um über koloniale Geschichte aufzuklären

Foto: privat
HM Jokinen

ist Künstlerin und Kuratorin, hat vor zehn Jahren den Arbeitskreis Hamburg Postkolonial mitgegründet.

taz: Frau Jokinen, wieso wollen Sie heute eine Straße nach Emily und Rudolph Manga Bell umbenennen?

HM Jokinen: Es ist heute ja nur eine symbolische Umbenennung, aber es geht uns um den konkreten Vorschlag, den Woermannsweg in Manga-Bell-Weg umzubenennen. Das königliche Ehepaar Manga Bell hat mit friedlichen Mitteln gegen die deutsche Kolonialverwaltung protestiert. Mit der Veranstaltung, die wir gemeinsam mit der Ohlsdorfer Geschichtswerkstatt Willi-Bredel-Gesellschaft organisieren, wollen wir die Bevölkerung darüber informieren. Und wir wollen über die koloniale Geschichte rund um den Handelsherrn Adolph Woermann aufklären.

Wer war Adolph Woermann?

Ein Kolonialkaufmann, der in Kamerun und in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwest-Afrika gehandelt und Plantagen gegründet hat. Er gilt als der „Begründer“ Kameruns, hat mit seinen Schiffen versklavte Menschen transportiert. Und er hat nach dem Genozid an den Herero und Nama Menschen aus seinem privaten Konzentrationslager geholt und zur Arbeit gezwungen.

Wer unterstützt Ihre Forderung?

Vorangetrieben werden solche Umbenennungen bundesweit von Communities und Verbänden, den People of Color sowie von postkolonialen Nichtregierungsorganisationen, denn es gibt Straßennamen, die Kolonialisten würdigen, die unerträglich sind. Wir wollen eine neue Erinnerungskultur – eine Kultur, die diese Kolonialgeschichte kritisch beleuchtet und einen Perspektivenwechsel vollzieht.

Wie stehen Ihre Chancen?

Wir hoffen, dass es klappt. Wir halten uns an das Senatspapier „Aufarbeitung des kolonialen Erbes“, in dem unter anderem auch Umbenennungen von kolonialen Straßennamen vorgesehen sind.

Interview: Anna Dotti

Aktion „Warum der Woermannsweg in Manga-Bell-Weg umbenannt werden sollte“: 18.30 Uhr, Fuhlsbüttler Schleuse/Alsterbrücke

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen