piwik no script img

Steuerhinterziehung in EuropaEinigung vermieden

Die EU-Finanzminister haben sich nun auf gemeinsame Regeln für Konzerne geeinigt, die Steuern umgehen. Sie gelten nur vorläufig.

Steuernzahlen ist gar nicht schwer, es gibt für alles das richtige Formular. Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Sie wollen, aber sie können nicht recht: Im Kampf gegen die Steuervermeidung international agierender Konzerne haben die EU-Finanzminister am Freitag in Luxemburg nur eine vorläufige Einigung zustande gebracht. Belgien und einige andere Länder haben weiter Einwände; die Einspruchsfrist läuft am Montag ab.

Trotz dieses ungewöhnliches Verfahrens, der so genannten „Silent procedure“, sprach Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) von einem Erfolg. „Wir waren uns einig, gegen schädlichen Steuer-Wettbewerb vorzugehen“, sagte er. Die von den G–20 und der OECD formulierten Regeln würden nun europaweit umgesetzt.

Durch Ausnutzung von Steuerlücken entgehen den EU-Staaten 50 bis 70 Milliarden Euro im Jahr. Die EU-Kommission hatte Anfang des Jahres eine Initiative gegen Steuervermeidung vorlegt. Sie sieht unter anderem vor, dass Konzerne offenlegen müssen, in welchem Land sie ihre Gewinne machen – und sie auch dort versteuern.

Allerdings gab es bis zuletzt Streit um wichtige Details. Auch Schäuble, der sich seit den „Panama Papers“ gern als Vorkämpfer für Steuergerechtigkeit präsentiert, stand auf der Bremse, wie der „Spiegel“ unter Verweis auf interne Protokolle berichtet.

Umstrittene neue Ausschüsse

Den Dokumenten zufolge bemühte sich Berlin um eine Einschränkung beim sogenannten Country-by-Country-Reporting. Schäuble habe sich dagegen gesträubt, auch Tochterfirmen einzubeziehen. Wie der Streit ausging, wurde zunächst nicht bekannt.

Ein weiteres strittiges Thema waren die so genannten Wettbewerbsausschüsse, die die EU-Staaten einrichten müssen. Sie sollen die Wettbewerbsfähigkeit zu einem Kernthema der Wirtschafts- und Finanzthema machen und dabei auch auf möglicherweise „schädliche“ Lohn- und Preisentwicklungen achten.

Die Finanzminister beschlossen, die Gremien einzuführen, sie aber in „Produktivitätsausschüsse“ umzubenennen. Damit würden Strukturreformen in den EU-Ländern erleichtert, sagte der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem.

Kritik kam vom linken Europaabgeordneten Fabio De Masi: „Die Wettbewerbsausschüsse beinhalten trotz der Abschwächung des Textes eine gefährliche Rutschbahn für die Löhne.“ Der Vorschlag, die deutschen Wirtschaftsweisen zum Wettbewerbsausschuss aufzuwerten, sei grotesk, so De Masi weiter. Die Mehrheit der Wirtschaftsweisen habe mit ihrer Einschätzung zum “Jobkiller Mindestlohn“ völlig falsch gelegen.

Auch der DGB und der Europäische Gewerkschaftsbund hatten die neuen Ausschüsse kritisiert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Schäuble ist ein Heuchler. Er macht Wahlkampf-Propaganda für die Galerie, doch die Parteispender lässt er gewähren. Zudem wird seine "Schwarze Null" die Folgegenerationen unglaubliche Milliarden kosten, während die immensen Strukturprobleme heute mit wenigen Milliarden wenigstens angepackt werden könnten - bei fast 0% Zinsen... Und so einer führt die Beliebtheitsskala in Deutschland an. Wie dumm sind wir eigentlich???