Der Lobbyist der Woche: Der Ingenieur verlässt den Tunnel
Den Gegnern des umstrittenen Bahnhofsprojekts Stuttgart 21 war er verhasst wie kaum ein anderer: Volker Kefer (Foto), Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn und damit seit Jahren für das Milliardenprojekt verantwortlich. Gut können sich die Gegner des Stuttgarter Tunnelbahnhofs noch daran erinnern, wie Kefer mit monotoner Stimmer immer wieder die angeblichen Vorteile von Stuttgart 21 bei der öffentlichen Schlichtung verteidigte. Dabei gelang ihm regelmäßig ein mehrdeutiges Grinsen, das man als arrogant empfinden konnte – oder als selbstironische Distanz eines Ingenieurs, der weiß, wie schwierig oder gar unmöglich das Vorhaben ist, das ihm sein Chef, den Willen von Bundes- und Landesregierung exekutierend, aufgedrückt hatte. Jetzt hat der 60-Jährige seinen Rückzug angekündigt; Kefer wird seinen im September 2017 auslaufenden Vertrag nicht verlängern.
Kefer, der bereits als möglicher Nachfolger von Bahnchef Rüdiger Grube gehandelt wurde, musste zuletzt einräumen, dass der bisherige Kosten- und Zeitplan für Stuttgart 21 wahrscheinlich nicht zu halten sein wird – so wie es die Gegner des Projekts vorhergesagt hatten. Dass das Bauvorhaben, das die Baden-Württemberger in einer Volksabstimmung mehrheitlich befürworteten, noch abgebrochen wird, ist aber unwahrscheinlich. Dafür wurde schon zu viel Geld, das der Bahn anderswo fehlt, im Ländle verbuddelt.
Wenn Kefer alsbald die Bahn verlassen sollte, verliert das bundeseigene Unternehmen einen Manager, der Stuttgart 21 bis ins kleinste Detail kennt. Was ein solcher Kompetenzverlust für den Fortgang eines Großprojekts bedeuten kann, lässt sich beim Bau des Berliner Großflughafens beobachten: Er dauert und dauert – und wird immer teurer. Richard Rother
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