Wucherndes Klanggestrüpp

AmbientkrautrockZiellos, aber nicht unentschieden. Denzel + Huhn und Saroos spielten am Dienstag im Roten Salon

Manchmal, gar nicht so selten, steht man auf einem Konzert herum und fragt sich, wieso die Musiker auf der Bühne denn eigentlich ihre Musik machen.

Wofür ja einige Gründe denkbar sind. Ein naheliegender, deswegen aber keineswegs selbstverständlicher wäre zum Beispiel: weil den Musikern ihre Musik eben gefällt und sie sie genau so machen wollen, wie sie das tun.

Insofern war der Dienstagabend im Roten Salon schon deswegen ein schöner Konzertabend, weil hier augenscheinlich eine Band auf der Bühne stand, die schlicht eine Freude daran zu haben schien, ihre Musik zu spielen, ohne sich groß darum zu scheren, dass sie dieses Glück nur mit einer schnell abgezählten Menschenmenge im Saal teilten durfte.

Der Besuch war also jämmerlich. Das aber schienen die drei von Saroos gar nicht zu bemerken. Sie widmeten sich einfach ihrem warm pulsierenden, prinzipiell freundlichen und gar nicht sonderlich spektakulär sein wollenden Postrock, schubsten Melodiepartikel so in einen euphorisierenden Sog, dass man sich an den Glücksgefühle hervorrufenden ollen Krautrock-Hit „Flammende Herzen“ von Michael Rother erinnert fühlen durfte.

Im Frühjahr haben Saroos, das Trio mit Bezügen zu Contriva, Jersey und dem Weilheim-Kosmos um Notwist, mit „Tardis“ ein neues Album vorgelegt. Das vierte seit 2006. Was gar nicht so wenig ist für eine auf mehrere Städte (unter anderem Berlin) verteilte Band, ein Nebenbeiprojekt, das der Erfolg nicht gerade zu einem unbedingten Weitermachen auffordern würde. Da muss schon ein echtes Interesse an der Musik mitspielen, wenn man es trotzdem tut.

Genau das war im Roten Salon zu hören. So freute man sich mit der Band, und man freute sich sacht mitwippend an ihrer „Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss“-Musik. Für die legten sich die drei geradezu sportiv so ins Zeug, dass man dabei spürte, dass in diesem Postrock der Rock nicht einfach nur überwunden, sondern halt gleichzeitig noch in einigen seiner Eigenschaften, etwa die Energie betreffend, aufgehoben ist.

Hegel’sche Dialektik

So durfte man in einem Popkonzert also auch noch ein wenig über Hegel und die dialektische Aufhebung sinnieren und sich gleich danach, alles wieder hübsch verunklarend, in den Klangverwehungen verlieren, die Denzel + Huhn im Anschluss auf die Bühne brachten.

Auf seinen Alben (bis dato waren es drei in knapp 15 Jahren) schafft das Berliner Duo mit seinen so sanft wie beharrlich fallenden Tönen eine beeindruckende Musik aus den Tropfsteinhöhlen von Elektronika. Strenge Meditationen, die sich im Konzert in einem musikalischen Treibsand verloren.

Manchmal scharrten die beiden, Bertram Denzel und Erik Huhn, daraus schemenhafte Melodien zusammen, nach einigen Titeln kam gastweise Ronald Lippok (To Rococo Rot, Tarwater) dazu und erzeugte mit seinem Schlagzeugspiel für etwas an Bodenhaftung, die Sängerin Bettina Bruns führte zwischendurch mal ein paar experimentelle Stimmtechniken vor.

Es pluckerte und pulsierte; aufquellende Soundflächen, wucherndes Klanggestrüpp. Alles eigenartig ziel- und orientierungslos, dabei ist das dennoch eine gar nicht unentschiedene Musik.

Weil sich Denzel + Huhn ihren aus allen Zeiten und aktuellen Moden herausgefallenen Ambientkrautrock eben wohl genau so vorstellen. Auch diese beiden schienen sich trotz des Aufwands mit ihren musikalischen Gästen gar nicht zu grämen, dass so wenige Hörer gekommen waren.

Musik zuerst einmal für sich zu machen ist nicht das Schlechteste. Selbstgenügsamkeit – im Roten Salon war von ihr ohne jede Selbstverliebtheit zu hören. Thomas Mauch