Toilettenurteil in Berlin: Ein Privatgeschäft mit Risiko
Das Berliner Verwaltungsgericht beschäftigt sich mit der Klage einer Frau, die auf dem Klo einen „Dienstunfall“ hatte. Oder doch nicht?
Das eine Malheur ist, dass aufs Klo zu gehen an sich gefährlich sein kann. Doch wenn alles, was man tut, irgendwie gefährlich ist, dann eben auch das. Vor allem, weil man es ja recht oft tut, über den Tag verteilt. Nach simpler Wahrscheinlichkeitsrechnung ist es also gar nicht so selten, dass Unfälle auf dem Klo passieren.
Aber was könnte das sein? Gefahren lauern beim Bodenbelag. In der Regel sind das Fliesen oder gut Abwischbares. Gut Abwischbares ist normalerweise glatt. Schwupps, liegt man da. Stößt sich dabei womöglich noch den Kopf. Oder der Klassiker: Die Klobrille ist nicht richtig festgeschraubt. Man lässt sich nichts ahnend herunterplumpsen, und, schwupps, liegt man da. Seltener: Man stößt sich an einem weit geöffneten Fenster. Das ist einer Beamtin aus Friedrichshain-Kreuzberg im August 2013 auf dem stillen Örtchen ihres Arbeitsplatzes passiert. Platzwunde und Prellung waren die Folge.
Das andere Malheur aber ist die Frage nach der Verantwortung: Wer ist für den sicheren Toilettengang zuständig? Der Arbeitgeber? Oder zählt der Klogang zum reinen Privatvergnügen? Letzteres befand der Arbeitgeber und nahm dabei Bezug auf die Rechtsprechung bayerischer Verwaltungsgerichte. Er verwies darauf, dass ein Klogang ein privates Risiko sei. Pah, findet das Opfer und klagte dagegen.
Das Verwaltungsgericht gab der Stadtbeamtin nun recht. Eindeutige Indizien für eine Arbeitgeberzuständigkeit und damit einen Dienstunfall seien, dass sich der unglückliche Vorfall während der Dienstzeit und im Dienstgebäude ereignet hatte. Der Arbeitgeber kann sich also nicht einfach so aus der Toiletten-Verantwortung ziehen.
Die Klo-Klage könnte sogar zum Präzedenzfall werden, denn das Gericht ließ wegen der „grundsätzlichen Bedeutung der Sache“ Berufung zu. Bis der Fall endgültig geklärt ist, gilt hiermit offiziell: No risk, no fun.
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