Eine Singparabel im Lessing’schen Sinne

Trialog Ein gemeinsamer Chor für Juden, Christen und Muslime? Eine DVD, ein Fotobuch und ein Liederbuch dokumentieren das Trimum-Projekt

Wie klingt, was du glaubst? Mit dieser Frage wandte sich der Komponist Bernhard König an rund 100 Bürgerinnen und Bürger der Stadt Stuttgart, um sie über den Zusammenhang zwischen ihren musikalischen Erfahrungen und ihrem Glauben zu befragen. Es zeigte sich, dass Religion für viele ein sinnliches Erlebnis ist, dass sie unser anderem mit dem Klang von Kirchenglocken und Chorgesang, hebräischen Liedern und Liturgien, buddhistischen Mantren oder dem muslimischen Gebetsruf verbinden. Die Fotografin Jane Dunker porträtierte die Befragten unterschiedlichen Alters und mit sehr unterschiedlichem Hintergrund, die einen wilden Querschnitt der Einwohner Stuttgarts darstellen – eine Sekretärin, ein Jazzmusiker, ein Pfarrer, ein Schlosser, ein Dönerverkäufer, eine Künstlerin, ein Industriekaufmann, ein Kantor, und eine Schülerin waren darunter.

Die Fotoausstellung „Wie klingt, was du glaubst“ und das dazugehörige Buch, das die sehr vielfältigen Antworten versammelt, bilden einen Teil des eindrucksvollen Trimum-Projekts, das die Internationale Bach­akademie Stuttgart und das Lehrhaus Stuttgart Stiftung für inter­religiösen Dialog vor vier Jahren gestartet haben. Herzstück des Projekts aber ist ein interreligiöser Chor, in dem jüdische, christliche und muslimische Laiensängerinnen und -sänger ein gemeinsames Repertoire erarbeiteten und einprobten.

Nebenher arbeitete ein interreligiöses Referententeam in Hochschulseminaren und „Li­bret­towerkstätten“ daran, neue Lieder und Kompositionen für eine Begegnung der Religionen zu komponieren. Das Ziel: das erste interreligiöse Liederbuch Deutschlands zu gestalten, das sich für die religionspädagogische Arbeit in Kindergärten, Schulen oder Altenheimen einsetzen lässt.

Das Ergebnis der jahrelangen Chorarbeit wurde erstmals 2015 dem Publikum beim Evangelischen Kirchentag in Stuttgart präsentiert. „Die vielen Stimmen Davids“ lautet der Titel des „trialogischen Konzerts“, das aus Torah-und Psalm-Gesängen, muslimischen Ilahis und Dhikrs, sephardischen Liedern und Auszügen aus einem Händel-Oratorium bestand. Dazwischen wurden Geschichten über David eingestreut, der in allen drei Religionen eine Rolle spielt: eine Sing-Parabel ganz im Sinne von Lessings „Nathan der Weise“. Hunderte Musiker beteiligten sich an dem Konzert, darunter der Kantor Assaf Levitin und andere Solisten, der Kammerchor des Oratorienvereins und der türkische Chor Esslingens.

Das eindrucksvolle Konzert in der Stuttgarter Liederhalle ist auf einer DVD festgehalten worden, die man bei den Machern bestellen kann. Sie enthält auch eine Dokumentation der mehrjährigen Arbeit an dem Projekt und lässt Mitwirkende zu Wort kommen. Und die Arbeit geht weiter: Der Chor tritt weiterhin gelegentlich in kleiner Besetzung auf, und in „interreligiösen Chorlaboren“ wird das Repertoire erweitert. Das interreligiöse Liederbuch ist noch im Entstehen, aber einige der gemeinsam erarbeiteten Lieder lassen sich schon jetzt auf der Webseite finden. Daniel Bax

Mehr Informationen unter:

www.trimum.de