piwik no script img

heute in hamburg"Wegen legalen Tätigkeiten"

PROZESS Bedrettin Kavak steht als Mitglied der PKK vor Gericht. Britta Eder hält das für problematisch

Foto: privat
Britta Eder

41, ist Rechtsanwältin in Hamburg. Sie arbeitet in Deutschland mit dem Verein Azadi für die Freiheit der KurdInnen.

taz: Frau Eder, warum engagieren Sie sich für Bedrettin Kavak?

Britta Eder: Ich arbeite generell im Bereich Menschenrechte und setze seit Jahren meine juristischen Fähigkeiten für kurdische AktivistInnen ein.

Was wird Kavak vorgeworfen?

Ihm wurde vorgeworfen, dass er Mitglied der kurdischen Arbeiterpartei PKK ist. Konkret werden ihm in Deutschland keine Straftaten vorgeworfen. Er hat nur Demonstrationen organisiert und die Probleme der kurdischen Gemeinschaft in die Öffentlichkeit gebracht. Das sind legale Tätigkeiten, die vom Recht auf Meinungsäußerung und der Demonstrationsfreiheit gedeckt sind.

Warum ist er dann angeklagt?

Bei dem Prozess geht es darum, ob die Tätigkeit der PKK im Ausland terroristisch ist oder nicht. Wenn man – an sich legale – Tätigkeiten für diese Organisation ausübt, kann das trotzdem strafbar sein. Im Moment sitzen in ähnlichen Fällen schon zehn Personen in Haft.

Warum gilt die PKK als terroristische Organisation?

Das ist juristisch und politisch eine sehr schwierige Frage. Das Völkerstrafrecht geht davon aus, dass staatliche Armeen sich gegenseitig bekämpfen dürfen. Nach den kolonialen Kriegen der 70er-Jahre hat man auch bestimmten bewaffneten Gruppierungen, die nicht staatlich sind, dieses Recht zugestanden – und zwar wenn diese Organisationen gegen Rassismus, Apartheid oder Kolonialismus kämpfen. Der Bundesgerichtshof geht ohne inhaltliche Auseinandersetzung davon aus, Kurdistan sei keine Kolonie, da Kurdistan nach dem Ersten Weltkrieg zwischen Syrien, dem Iran, dem Irak und der Türkei aufgeteilt wurde. Nach Ansicht des Gerichts ist die Türkei kein Unrechtsstaat; es herrsche dort weder Apartheid noch gebe es Rassismus.

Mit was für einem Urteil rechnen Sie?

Das kann man so nicht sagen, aber es hat jetzt Urteile gegeben mit zweieinhalb bis dreieinhalb Jahren Haft für ähnlich gelagerte Fälle.

Ist die Rechtslage noch zeitgemäß?

Das einschlägige Gesetz müsste geändert werden. Und auch wenn das Gesetz so bliebe, müsste sich das Gericht trauen, die PKK nicht mehr als terroristische Vereinigung einzustufen.

Interview: ANNA DOTTI

Infoveranstaltung „Freiheit oder Freiheit! Für Bedrettin Kavak und alle anderen!“ mit den Rechtsanwälten Britta Eder und Alexander Kienzle: 19 Uhr, Centro Sociale, Sternstraße 2

Lesen gegen das Patriarchat

Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen