heute in Bremen
: "Krieg als Volkshochschule"

Klassenkampf An den Beginn des spanischen Bürgerkriegs erinnert eine Ausstellung in Bremen

Jörg Wollenberg

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79, Historiker, hat an der Uni Bremen Weiterbildung mit dem Schwerpunkt politische Bildung gelehrt.

taz: Herr Wollenberg, vor 80 Jahren begann der spanische Bürgerkrieg. Was interessiert Sie das heute noch?

Jörg Wollenberg: Der Krieg hat einen Bruch markiert, in der europäischen Außenpolitik einerseits, aber auch in der Linken, wo Anarchosyndikalisten und stalintreue Kommunisten aufeinander prallten. Diese Biographien haben das ganze Jahrhundert geprägt.

Wen meinen Sie zum Beispiel?

Willy Brandt etwa, der als Berichterstatter in Spanien war. Oder für Bremen Heinrich Schramm, der Kommandant der Internationalen Brigaden war. Den Krieg hat er überlebt, wurde dann aber von den Nazis ins Zuchthaus gesperrt. Nach dem Krieg war er in Bremen Erster Sekretär der KPD-BL. Das ist in unserer Ausstellung zu sehen – auch die Pädagogin Anna Siemsen.

Was hat denn Bürgerkrieg mit Pädagogik zu tun?

Die spanischen Kämpfer, aber auch viele internationale Freiwillige haben erst an der Front das Kämpfen gelernt. Und viele in den langen Gefechtspausen auch Lesen und Schreiben. Oder das Rechnen – mit Patronenhülsen. Das war Krieg als Volkshochschule.

Deutsche haben auf beiden Seiten gekämpft. Findet sich das auch in Bremen wieder?

Die Kampfpiloten der Legion Condor haben mit Guernica das Ausbomben von Städten trainiert. Das war die Vorlage für Rotterdam, London und viele andere. Bremen war mit den Focke-Wulf Werken wichtig für den Bau von Kampfflugzeugen. Im Hintergrund hat der Kaufmann Roselius finanziell die Strippen gezogen.

Gerade Guernica hat ja auch kulturell die Welt bewegt mit …

Picasso, ja. Überhaupt viele Intellektuelle: Schriftsteller und Maler. Das spiegelt sich auch im Programm heute Abend.

Wie denn?

Mit Musik von Dos Ulises – und der Schauspieler Rolf Becker wird einige zeitgenössische Texte vortragen. Die sind selbst schon Kultur: Thomas Mann hat zum Beispiel einen wunderschönen Aufruf geschrieben.

Interview: Jan-Paul Koopmann

Ausstellungseröffnung „80 Jahre Spanischer Bürgerkrieg“: 18 Uhr, Presseclub, Schnoor 27