Anklage gegen einen Soldaten wegen Totschlags

ISRAEL In einem umstrittenen Verfahren muss sich Elor Asaria vor einem Militärgericht verantworten

JERUSALEM taz | Der israelische Soldat Elor Asaria muss sich wegen Totschlags vor einem Militärgericht in Tel Aviv verantworten. Asaria schoss am 24. März in Hebron im Westjordanland dem bewusstlos am Boden liegenden Palästinenser Abdul Fatah al-Scharif aus geringer Entfernung eine Kugel in den Kopf. Al-Sharif hatte die Soldaten mit einem Messer angegriffen.

Das dreiköpfige Militärtribunal warf dem Angeklagten bei Prozessbeginn am Montag regelwidriges Verhalten vor. Er habe „ohne operative Rechtfertigung” agiert, als der „Terrorist verwundet am Boden lag und keine unmittelbare Gefahr darstellte“. Die Menschenrechtsorganisation Betselem hatte ein von einem Aktivisten vor Ort aufgenommenes Video im Internet veröffentlicht. Die Bilder zeigen den Todesschützen in Aktion und sein wehrloses Opfer mit blutendem Kopf.

Menschenrechtler bezeichneten den Vorfall als eine Hinrichtung, rechtsradikale Aktivisten riefen bei einer Demonstration mit mehreren tausend Teilnehmern dazu auf, Asaria umgehend zu entlassen und ihm einen Orden zu verleihen. Seit September sind über 200 Palästinenser erschossen worden, die meisten bei Terrorangriffen gegen israelische Soldaten oder Zivilisten.

Die Methode, Angreifer noch vor Ort zu töten, gewann in den vergangenen Monate zunehmend moralische Akzeptanz in der Bevölkerung. Asarias Pech war, dass er al-Scharif vor laufender Kamera tötete. Auch innerhalb der Regierung sind die Meinungen gespalten, ob die Armee den Soldaten im Dienst schützen sollte oder ob er bestraft werden muss.

Der Angeklagte veränderte während der Untersuchung mehrmals seine Version. Er habe Angst gehabt, al-Scharif habe nach einem Messer gegriffen, später war sogar von einem Sprengstoffgürtel die Rede, den Asaria angeblich am Körper des Palästinensers vermutete. Erschwerend für den Angeklagten ist die Aussage eines Kameraden, der Asaria kurz vor der Tat sagen hörte, dass „ein Terrorist den Tod verdient“.

Susanne Knaul