Kim mimt den Versöhnlichen

Nordkorea Diktator kündigt an, sich für die Abschaffung von Atomwaffen einzusetzen

Warten auf den Jubeleinsatz beim Parteitag in Pjöngjang Foto: Damir Sagolj/reuters

von Felix Lee

PEKING taz | Kann ein Spitzenpolitiker innerhalb von nur zwei Tagen eine so drastische Kehrtwendung vornehmen? In Nordkorea ist das offensichtlich möglich. Noch zu Beginn des großen Parteikongresses pries Machthaber Kim Jong Un das Atomprogramm seines Landes. Mit dem vierten Atomtest im Januar und dem Start einer Langstreckenrakete habe Nordkorea der ganzen Welt „unseren unbeugsamen Geist und unsere unbegrenzte Kraft“ demons­triert, tönte er am Freitag. Er und sein Land würden sich von niemandem einschüchtern lassen. Schon früher hatte er angekündigt, dass er atomare Erstschläge nicht ausschließe.

Doch bereits am Sonntag ruderte der Diktator zurück. Nordkorea werde seine Atomwaffen nur dann einsetzen, wenn seine Souveränität von anderen atomar bewaffneten Staaten bedroht werde, soll er laut dem nordkoreanischen Staatsfernsehen gesagt haben. Er bezeichnete sein Land als einen „verantwortungsvollen Atomwaffenstaat“. Zudem kündigte er an, dass Nordkorea „seine Verpflichtung für die Nichtverbreitung von Atomwaffen erfüllen“ und sich für eine weltweite Abschaffung von Atomwaffen einsetzen werde.

Versöhnliche Töne richtete er auch an Südkorea. Er wolle sich für einen Dialog starkmachen. Er sehe die Notwendigkeit, „die Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea zu verbessern“. Auch mit anderen „feindlich“ angesehenen Ländern wolle er das Verhältnis verbessern.

Das sind Worte, auf die die Weltgemeinschaft seit Monaten wartet – denen zumindest aber die Südkoreaner keinen Glauben schenken. „Der Vorschlag Nordkoreas ist bloß Teil seiner Propaganda, die jeder Ernsthaftigkeit entbehrt“, erklärte das Vereinigungsministerium in Seoul umgehend. Das Regime in Pjöngjang spreche von einem innerkoreanischen Dialog. Zugleich baue es sein Atomwaffen­arsenal immer weiter aus.

Tatsächlich ist auf US-Satellitenaufnahmen zu sehen, dass sich Nordkorea seit Tagen auf einen weiteren unterirdischen Atomtest vorbereitet. Es seien Fahrzeuge auf dem Atomtestgelände in der nordostkoreanischen Provinz Hamgyong beobachtet worden, die wahrscheinlich als „Kommandozentrale“ dienen, heißt es auf der Webseite des US-Korea-Instituts.

Auch das südkoreanische Verteidigungsministerium stellt sich seit Tagen darauf ein, dass noch während des Parteikongresses das Regime in Pjöngjang eine weitere Atombombe unterirdisch zünden könnte.

Nordkorea hat entgegen den Beschlüssen der Vereinten Nationen seit 2006 vier unterirdische Atomwaffentests durchgeführt und ballistische Langstreckenraketen in die Luft geschossen, von denen es mindestens eine auch ins All geschafft hat. Nach dem angeblichen Test einer Wasserstoffbombe Anfang des Jahres, dessen Durchführung international von Experten jedoch arg bezweifelt wird, verhängte der UN-Sicherheitsrat die bislang schärfsten Sanktionen gegen ein Land.

Selbst Nordkoreas zuletzt einziger Verbündeter, China, beteiligt sich. Das Verhältnis zwischen Peking und Pjöngjang ist zwar nicht offiziell zu Bruch gegangen, doch hinter den Kulissen ist zu vernehmen, dass auch die chinesische Führung nur noch wenig Einfluss auf das Regime in Pjöngjang ausübt.

Anlässlich dieses ersten Parteitags der Arbeiterpartei seit 36 Jahren sind rund 3.200 Delegierte in der Hauptstadt Pjöngjang versammelt. Weder die genaue Dauer noch das Programm sind bekannt. Das Staatsfernsehen berichtet lediglich von einem neuen Fünfjahresplan, um die Wirtschaft anzukurbeln und den Lebensstandard deutlich anzuheben.

Zwar hat Nordkoreas Führung für den Parteikongress ausnahmsweise ausländische Journalisten ins Land gelassen. Doch diese müssen sich unter strenger Aufsicht mit Stadtrundfahrten begnügen. Ein BBC-Reporter, der sich der Kontrolle widersetzte, wurde abgeführt. Er soll ausgewiesen werden.