DER WELTUNTERGANG KAM DANN DOCH NOCH, UND ZWAR AM ZWEITEN WEIHNACHTSFEIERTAG. JETZT HERRSCHT VERWIRRUNG ÜBER DEN STATUS: Letzte Worte
ROGER REPPLINGER
Das hier kommt aus dem Off. Wie ihr ja alle mitgekriegt habt, ist am 26. Dezember die Welt untergegangen. Die Majas haben sich um ein paar Tage vertan. Nicht so schlimm, kann ja mal passieren. Meine Nachbarin, Frau H., knapp achtzig, für die es nicht der erste Weltuntergang war, fand, dass es einer von den besseren war.
Vor allem „Kometenschweif“ und „Höllenschlund“ vor der Pause, und „Heuschrecken“ und „Vulkanausbruch“ im zweiten Teil haben ihr gut gefallen. Von den jungen Leute im Haus hab ich Kommentare wie „Hammer“ oder „Mörder“ gehört. Denen hat vor allem das Ende, also „Flutwelle“ und „Atomkraft“ imponiert. Den Fallout fanden sie „krass“. Einige haben den Weltuntergang mit ihren Handys aufgenommen und auf Facebook gepostet.
Meine andere Nachbarin, Frau Z., fand die Kanapees ein wenig pappig und den Sekt zu warm, sie fand die Übertragung in der ARD, vor allem die Worte von Thomas Gottschalk, tröstlich. Besser als bei den Privaten.
Ich hab gehört, dass der Weltuntergang fast ausgefallen wäre, aber dann haben die Verantwortlichen sich über die Texte in manchen Zeitungen geärgert, die so getan haben, als sei das mit dem Weltuntergang Humbug, und die Majas seien doofe Hinterwäldler, dass sie dann doch gesagt haben: „Machen wir halt mal wieder einen, damit die da unten nicht übermütig werden.“ Und dann ging das los.
Viele fragen sich, ob sie jetzt zur Arbeit müssen, in die Uni, die Schule, Kindergarten und so. Ich würde mal hingehen und gucken. Man weiß ja nie. Nicht, dass es weitergeht, und man kriegt es nicht mit. Zu Hassan, der die taz bringt, hab ich gesagt, wenn er Lust hat, soll er sie ruhig weiter bringen. Mal sehen, wie sich das jetzt einspielt.
Der Bismarck ist ja auf jeden Fall weg und die Elphi auch. Hat ganz schön gekracht, fand ich. Mein lieber Mann, die ganze Kohle und pfft. Von Gruner & Jahr sind nur ein paar Glassplitter und die Vitrine mit dem Stern, der die Hitler-Tagebücher auf dem Titel hatte, übrig. Wo das Spiegel-Hochhaus stand, ist ein riesiges Loch. Die da den Weltuntergang machen, die wissen schon, was sie tun. Kann man nix sagen.
Ein paar Leute fanden ja, dass der Weltuntergang und Weihnachten zu kurz nacheinander kamen. Das sei vor allem für Familien nicht gut zu planen. Ist schwer, es allen Recht zu machen. Den Indern, Chinesen, Japanern und Arabern, die mit Weihnachten nichts am Hut haben. Einer ist immer in den Arsch gekniffen bei einem Weltuntergang.
Viele sind ein wenig verwirrt über den Status, den wir jetzt haben. „Wo sind wir?“, fragen sie sich, „und was ist das jetzt?“ Das ist nicht schwer. Wenn ihr mal guckt, ob der Döpfner, der Mathias Döpfner, um den Weg ist, und wenn ihr mal guckt, ob es im Kiosk die Dings gibt, die, ihr wisst schon, ja, dann ist was schiefgelaufen, und ihr seid, wie soll ich sagen, nicht im Fegefeuer, sondern eins drunter. Der Führer ist auch da.
Kann sein, dass noch mal eine Kolumne kommt. Keiner weiß das genau, so, wie die Dinge jetzt stehen.
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