Sportplatz: Hertha fällt vom Glauben ab
BUNDESLIGA Den verunsicherten Berlinern gelingt gegen den FC Bayern im Olympiastadion kein einziger Schuss aufs Tor
Wenn Glaube Berge versetzen kann, brauchen die Gebirge dieser Welt vor Hertha in dieser Saison keine Angst mehr zu haben. Das ist die vielleicht entscheidende Botschaft der Berliner drei Spieltage vor Schluss. In der wichtigsten Phase einer erfolgreichen, über weite Strecken grandiosen Saison hat Hertha BSC den Glauben an sich selbst verloren. Unkoordiniert und verunsichert trat die Hertha am Samstag im heimischen Olympiastadion gegen einen FC Bayern im Schongang auf. Die 0:2-Heimpleite bedeutete Niederlage Nummer vier aus den letzten fünf Spielen, aus denen die Berliner insgesamt nur einen kümmerlichen Punkt mitnahmen.
Damit gerät nach dem verlorenen Platz drei in der Bundesliga nun auch der vierte Platz inklusive Champions-League-Qualifikation in ernste Gefahr. Hertha schaut längst nicht mehr nach oben in Richtung Leverkusen. Hertha, so scheint es, hofft nur noch aufs Saisonende.
Bayern schaltet kurz hoch
Dabei wäre der FC Bayern am Samstag im Olympiastadion kein unüberwindbarer Gegner gewesen. Die Münchner, die in Hinblick auf das Champions-League-Halbfinale mit einer B-Elf antraten, wirkten wie zuletzt so oft müde und beschränkten ihren Aktionsradius auf das Nötigste. In der ersten Halbzeit ließen sie die Berliner weitgehend gewähren. Hertha stand hinten solide, offensiv gelang jedoch kaum etwas. Technische Fehler, Ideenlosigkeit und unpräzise hohe Bälle prägten das Spiel der Berliner.
Hertha-Coach Pál Dárdai, der seit den Misserfolgen etwas merkwürdige Einschätzungen zur Leistung seiner Mannschaft pflegt, sah das anders: „Ich war zufrieden und habe Fortschritte gesehen“, so Dárdai. „Uns hat nicht viel gefehlt zum Siegtor.“ Wo er das beobachtet haben wollte, blieb unklar, gelang der Hertha doch im gesamten Spiel kein einziger Schuss aufs Tor.
In der zweiten Halbzeit gaben die Berliner nicht mal einen Schuss in Richtung des Bayern-Tors ab. Champions League? Die Hertha-Mannschaft wirkte fast, als wäre sie froh, wenn sich das Thema endlich erledigt hat.
Es war über weite Strecken ein öder Kick. Dass die Münchner jederzeit einen Gang höher schalten können, bewiesen sie nach der Pause, als sie in einer kurzen Druckphase durch einen Distanzschuss von Arturo Vidal das 1:0 erzielten. Bayern dominierte den Rest der Partie glanzlos, erhöhte dann aber durch ein Traumtor des Brasilianers Douglas Costa zum 2:0-Endstand. Die Meisterfeier musste allerdings vertagt werden, weil der BVB zeitgleich ebenfalls gewann.
Die Berliner, die derzeit abwärts rauschen wie ein Wanderfalke im Sturzflug, versuchten Ruhe auszustrahlen. „Wir müssen jetzt die letzten Kräfte mobilisieren“, so Dárdai. „Das werden drei Endspiele.“ Neun Punkte sind in der Saison noch zu vergeben. Mit Blick auf die Tabelle sagte Pál Dárdai: „Wir wollen da bleiben, wo wir sind.“
Das wird schwer. Schon kommende Woche wartet mit Bayer Leverkusen der nächste große Gegner auf die kriselnden Herthaner. In der Hinrunde hatten die Berliner noch 2:1 gewonnen; damals galt das als der Beweis, dass Hertha auch die Großen schlagen konnte und auf dem Weg war zur Topmannschaft. Ob die Berliner Leverkusen auch jetzt noch etwas entgegenzusetzen haben, darf bezweifelt werden. Das Selbstbewusstsein der Herthaner ist dahin. Alina Schwermer
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