Enteignung nach Insulaner-Art

SYLT-IFICATION

Ach, unsere Sylter! Von „Enteignung“ war viel zu hören in den vergangenen Wochen. Buhrufe begleiteten jüngst die Rede des parteilosen Bürgermeister Nikolas Häckel bei der Sitzung des Eigentümerverbandes „Haus und Grund“. Alles nur, weil der Verwaltungschef einen offenbar irren Plan entwickelt hatte: Im Kern stand der Gedanke, dass Wohnraum auf der Insel auch zum Wohnen genutzt werden könnte, zum Dauerwohnen wohlgemerkt, also nicht nur sommers. Dann fragen Sie doch einfach mal auf den Skipisten von Davos oder in den Yachthäfen der Côte d’Azur: Niemand wohnt im Herbst oder Frühjahr auf Sylt.

Genau das sagt auch Häckel, der vor seiner Wahl zum Inselgemeinden-Oberhaupt als Bauamtsleiter in Kronshagen bei Kiel wirkte. Er wies darauf hin, dass seit Mitte der 1980er-Jahre die Zahl der „Dauerdomizile“ um locker die Hälfte gesunken ist. Zurzeit fehlen laut dem Sylter Wohnraumentwicklungskonzept mehr als 2.800 Wohnungen. Und weil Baugrundstücke naturgemäß begrenzt und deren Quadratmeterpreise marktgemäß hoch sind, vermieten immer mehr Insulaner ihre Wohnungen. Oder sie verkaufen gleich ihr Grundstück, damit andere darauf bauen – weitere Ferienwohnungen. Die Folge: Prallvoll sind die Pendlerzüge vom Festland, in denen morgens die Arbeitskräfte anreisen.

Verwaltungschef Häckel schlug nun eine Regelung mit dem hübschen Titel „40/60“ vor: 40 Prozent der neu geplanten Immobilien sollen zum Dauerwohnen genutzt werden, 60 Prozent für die lukrativen Feriengäste. Worauf sich die Mitglieder der Gemeindevertretung am Donnerstagabend einigten, war eine deutlich abgemilderte Fassung dessen: Betroffen sind nur noch Neubauten, die größer sind als 130 Quadratmeter. Und es geht nicht um 40 Prozent, sondern um 60 Quadratmeter fürs dauerhafte Wohnen – also etwa zweieinhalb Zimmer hinten im Hochparterre des reetgedeckten Zehn-Zimmer-Palastes im dezenten Friesenstil. Klingt vernünftig: Irgendwo muss der Hausmeister ja auch hin. EST