Facebook soll Trump als US-Präsidenten verhindern, sagen Trump-Kritiker. Aber da gibt es ein Problem
: Einfacher wird es leider nicht

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Nullen und Einsen

von Meike Laaff

Die Zeit scheint reif. Wenn schon die US-Republikaner nicht mehr in der Lage sind, Donald Trump als Präsidentschaftskandidaten zu verhindern, vielleicht könne ja Facebook einspringen, wird in US-Medien diskutiert. Facebook als Präsidentenmacher? Das würde wahrscheinlich bestürzend gut funktionieren, wie Facebook bereits 2008 vorgeführt hat – als das Unternehmen Hunderttausende Wähler wie eine Herde Schafe an die Urnen trieb. Mit Hilfe eines simplen Buttons, der darüber informierte, welche Freunde bereits ihre Stimme abgegeben haben.

Ist ja wieder typisch: All diese Leute, die sich bei SciFi-Filmen wie „Ex Machina“ vor bösen Maschinen gruseln, rufen nach ihnen, wenn’s im echten Leben mal wieder nicht so läuft. Droht die Menschheit, es zu versauen, soll’s die Technik regeln. So Anti-Trump, so zu kurz gedacht. Denn: Was kann schon schiefgehen, wenn man Bürger mit freundlicher Unterstützung von Algorithmen von der Wahl des falschen Präsidenten abbringt? Die Lenker der Maschinen haben zweifelsohne das Gemeinwohl aller im Blick. Gut – schwierig dürfte es werden, eine solche Firma zu kontrollieren. Wer sollte bitteschön Gesetze gegen ihre Interessen verabschieden? Regierungen etwa, bei deren Wiederwahl der Konzern ein Wörtchen mitzureden hat – indem er Wähler freundlich in die eine oder andere Richtung stupst?

Wahlen kontrollieren will Facebook natürlich nicht, werden Konzernsprecher und Geschäftsführerin Sheryl Sandberg nicht müde zu betonen.

Nur: Je wichtiger die Rolle von Facebook als Nachrichtenverteiler wird, desto wichtiger ist, welche Inhalte Facebook ausspielt. Auswählt. Anzeigt. Und zwar wann und wie prominent. Prozesse, bei denen Neutralität so gut wie unmöglich ist.

Lange haben soziale Netzwerke inhaltliche Verantwortung weit von sich gewiesen. Das ist aber höchstens die halbe Wahrheit. Beispiel Fergusson-Proteste: Facebooks Algorithmen reagierten nur langsam auf Posts zu dem Thema. Was zeigt, wie Facebooks Algorithmen prägen, was wir von der Welt wahrnehmen – und was für Konsequenzen sich daraus entspinnen. Unabhängig davon, ob Facebook damit bewusst etwas bezwecken wollte oder nicht.

Schon Spiderman wusste, dass mit großer Macht große Verantwortung kommt. Doch die zu übernehmen, ist kein Geschäftsmodell für börsennotierte Konzerne. Facebook hat immer wieder demonstriert, dass es ihm nicht fremd ist, Nutzer als Versuchskaninchen zu betrachten. Zunehmend zeigt sich, welche realweltlichen Konsequenzen es entfalten kann, wenn ein Algorithmus Schluckauf hat oder ein Coder ihm etwas eingeschrieben hat, dessen Auswirkungen er nicht vorausgesehen hatte.

All das macht es nötig, genau hinzuschauen, wie Facebook und andere Dienste agieren. Besonders, wenn es um demokratische Prozesse geht. Je schwärzer die Box, wie soziale Netzwerke Informationen verdauen, desto sorgfältiger muss nachvollzogen und diskutiert werden, wie sie dies tun und an ihre Nutzer ausspucken. Einfacher wird es mal wieder nicht. Schade eigentlich.

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