Kenia beginnt in Magdeburg

Regierungsbildung CDU, SPD und Grüne haben sich auf ein historisches Bündnis geeinigt. Zuletzt hatte es vor allem in der Union Widerstand gegeben

CDU-Abgeordnete demonstrierten gegen grünes ­Umweltministerium

MAGDEBURG taz | Nach erfolgreichen Abschlussverhandlungen könnte in dieser Woche die sogenannte Kenia-Koalition in Sachsen-Anhalt bestätigt werden. In der Nacht zum Sonnabend einigten sich die Parteispitzen von CDU, SPD und Grünen auf die Eckpunkte eines Koalitionsvertrags. Das schwarz-rot-grüne Bündnis ist das erste seiner Art in der Bundesrepublik.

Nach den Landtagswahlen vor vier Wochen hatte es außer einer CDU-Minderheitsregierung keine andere Option gegeben, um eine regierungsfähige Mehrheit zu bilden. Mit 46 von 87 Landtagssitzen fällt sie nicht üppig aus. Nach dem AfD-Erfolg mit 24,3 Prozent der Wählerstimmen auf Kosten der bislang regierenden Großen Koalition, benötigten CDU und SPD einen weiteren Partner – es blieben nur die Grünen.

Doch vergangene Woche hatte das angestrebte Dreierbündnis bereits zum ersten Mal heftig gewackelt. In der konstituierenden Sitzung des Landtages am Dienstag hatten Abgeordnete der Unionsfraktion Ministerpräsident Reiner Haseloff die Gefolgschaft verweigert, als es um die Wahlen der Landtagspräsidenten ging – stattdessen hatten sie ihre Sympathien für die AfD erkennen lassen.

Einzelne CDU-Kreisverbände äußerten sich tags darauf skeptisch zu den Koalitionsverhandlungen. Am Mittwoch unterstützten CDU-Abgeordnete eine Demonstration, bei der Landwirte, Jäger und Forstleute dagegen protestierten, dass die Grünen das Agrar- und Umweltministerium übernehmen. Steffi Lemke, die aus Dessau stammenden Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, nannte die Veranstaltung „Hetzdemo“.

Trotz dieser Belastungen fügen sich die Koalitionspartner ihrer einzigen Option. Ministerpräsident Reiner Haseloff war um angemessene Repräsentanz aller Partner im Koalitionsvertrag bemüht und sprach von einem „historischen Tag“. Offenbar konnte er seine Fraktion zuletzt doch von der deutlichen Unionshandschrift der Eckpunkte überzeugen.

Zu den bislang bekannt gewordenen Eckpunkten des Vertrags zählt eine Erhöhung der Stellen für Lehrer und Polizisten. Die Überarbeitung des Kinderfördergesetzes soll ausufernde Elternbeiträge vermeiden. Diese Punkte gehörten zur Agenda aller drei Partner. Die Kommunen sollen 100 Millionen Euro mehr bekommen und ein kommunales Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose soll aufgelegt werden. Dieses Vorhaben trägt ebenso eine SPD-Handschrift wie die stabilere Grundfinanzierung der Hochschulen. Doch weil unklar ist, wie alle Projekte finanziert werden sollen, hatte Rechnungshofpräsident Kay Barthel vor einem „finanzpolitischen Harakiri“ gewarnt.

Die Grünen gelten als die sperrigsten Verhandlungspartner. Sie setzten mehr Geld für Umwelt- und Naturschutz und für Radwege durch. Die Elbe soll nicht weiter ausgebaut werden, wohl aber die A14. Die Grünen müssen sich mit dem Umwelt- und Landwirtschaftsministerium begnügen. Die SPD besetzt das Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium sowie das Sozialministerium.

Über Personalien wird abschließend am Dienstag verhandelt. Ende nächster Woche sollen die Koalitionspartner dem Vertrag mit ihrer Unterschrift zustimmen. Am 25. April stellt sich Ministerpräsident Reiner Haseloff erneut zur Wahl.

Michael Bartsch