Baschar al-Assad lässt wählen

SYRIEN In den vom Regime kontrollierten Gebieten wird ein neues Parlament gewählt. Doch der Sieger steht schon fest. Und viel zu sagen haben die Abgeordneten nicht

Ein syrischer Polizist bei der Abgabe seiner Stimme in Damaskus Foto: Hassan Ammar/ap

Von Beate Seel

BERLIN taz | Syriens Präsident Baschar al-Assad bittet an die Urnen, um turnusgemäß ein neues Parlament wählen zu lassen. Ab Mittwochfrüh um 7 Uhr Ortszeit wurden die Wahllokale geöffnet. 3.500 vom Geheimdienst überprüfte Kandidaten bewarben sich um die 250 Sitze. Wie immer bei solchen Anlässen zierten überlebensgroße Plakate von Assad und seinem verstorbenen Vater die Hauswände. Hinzu kamen Poster von Frauen und Männern, die sich um einen Parlamentssitz bewarben. Die Wahllokale sollten um 18 Uhr schließen.

Wegen des Bürgerkriegs findet die Wahl nur in den vom Regime kontrollierten Teilen des Landes statt. In den Provinzen Rakka und Idlib wird gar nicht gewählt. Diese werden vom „Islamischen Staat“ beziehungsweise verschiedenen Oppositionsgruppen und der AlNusra-Front, dem syrischen Al-Qaida-Ableger, kontrolliert. Die über 4 Millionen Syrer, die ins Ausland geflohen sind, haben kein Stimmrecht.

Die Opposition im Ausland hält die Wahl unter diesen Umständen für eine Farce. Selbst in Syrien tolerierte Oppositionsgruppen, von denen zwei bei der Parlamentswahl 2012 angetreten waren und 6 Sitze erhielten, rufen dieses Mal zum Boykott auf. Die kurdische Partei PYD hat angekündigt, in ihren Gebieten im Norden des Landes keine Wahl zuzulassen.

Für Assad ist die Wahl ein Anlass, Syrien als ein funktionierendes Land mit normalen Institutionen, normalen Wahlen und einer legitimen Regierung zu präsentieren. Dies ist zugleich eine Botschaft an die von dem UN-Sonderbeauftragten für Syrien, Staffan de Mistura, geführten Friedensverhandlungen in Genf, deren nächste Runde für den Wahltag angesetzt war. Allerdings zunächst ohne die syrische Delegation – diese wird erst am Freitag eintreffen. Die Prioritäten sind damit gesetzt, auch das Ziel ist klar: Über die Zukunft Syriens entscheidet allein „das syrische Volk“. Damit hat Assad einmal mehr den Plan der UNO zurückgewiesen, der eine Übergangsregierung mit neuer Verfassung und neuen Wahlen binnen 18 Monaten vorsieht. Dabei stünde auch die künftige Rolle Assads zur Disposition.

Selbst in Syrien tolerierte Oppositionsgruppen rufen zum Boykott auf

Das Ergebnis der Wahl steht freilich schon fest. Das neue Parlament wird wie seine Vorgänger von der National-Progressiven Front dominiert werden, in der die herrschende Baath-Partei und ihre fünf Blockparteien zusammengeschlossen sind. Bei der Wahl 2012 errang die Front 168 der 250 Sitze, dazu kamen neben den 6 Oppositionellen 77 unabhängige Kandidaten, unter denen auch Mitglieder der Baath-Partei sind. Eine unabhängige Wahlkommission oder ausländische Wahlbeobachter gibt es nicht.

Hinzu kommt, dass die wichtigste Funktion des Parlaments darin besteht, Entscheidungen abzunicken, die in den eigentlichen Machtzentralen getroffen werden. Dazu gehört der Assad-Machluf-Clan, wie manche Oppositionelle das Regime nennen. Beide Familien sind durch Heirat miteinander verbunden. Rami Machluf, Cousin des Präsidenten, gilt als der reichste Mann des Landes; sein Name taucht in den Panama-Papieren auf. Neben dem Assad-Machluf-Clan sind das Militär und der Geheimdienst die weiteren Zentralen der Macht, die zusammengenommen ein häufig undurchsichtiges Konglomerat bilden.

Doch bunte Wahlplakate und Parolen wie „Wir stehen für Sicherheit“ können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Assad-Regime der Bevölkerung Fassbomben statt Sicherheit gebracht hat. Wahlen unter Assad sind und bleiben eben eine Farce.