: In Lübeck fliegt nichts mehr
PLEITE Am Freitag hob der letzte Linienflieger vom Flughafen Lübeck-Blankensee ab. Sollte sich bis Mitte Mai kein seriöser Betreiber finden, gehen auf dem insolventen Airport nach 99 Jahren wohl endgültig die Lichter aus
Vier Landungen, vier Starts, dann war Schluss. So sah der letzte Tag des Flughafens Lübeck am gestrigen Freitag fahrplanmäßig aus. Als allerletzter Linienflieger sollte am Abend um 19.40 Uhr Flug W6 4345 des ungarischen Billigfliegers Wizz Air aus Sofia eintreffen und um 20.05 Uhr als Flug 4346 wieder in die bulgarische Hauptstadt zurückfliegen. Das sollte es dann gewesen sein für den Flughafen Lübeck-Blankensee.
Die Geschichte des Flughafens begann 1917 als „Kaiserliche Fliegerschule“ während des Ersten Weltkriegs. Wenn es dem Insolvenzverwalter, dem Hamburger Rechtsanwalt Klaus Pannen, nicht in letzter Sekunde noch gelingt, einen seriösen Investor an Bord zu holen, gehen spätestens Mitte Mai endgültig die Lichter aus auf dem Flugfeld im Süden Lübecks. Wobei beim Investor die Betonung auf „seriös“ liegt.
Denn nach drei Betreiberwechseln in sechs Jahren steht der Flughafen mal wieder vor der Insolvenz, von einst mehr als 100 Beschäftigten sind 31 übrig. Die Passagierzahlen sanken von fast 700.000 im Jahr 2009 auf 127.000 im vorigen Jahr, parallel wuchsen die jährlichen Verluste auf Millionensummen. Zuletzt musste die Stadt die Pachtgebühren stunden.
Im September 2015 war die Insolvenz dennoch da, und seitdem läuft die Suche nach einem Retter. Zwei Interessenten – ein Unternehmer aus der Security-Branche, dessen Pläne eher vage blieben, und eine Abwrackfirma, die den Flugplatz zur Recyclingbasis für ausgemusterte Jets machen wollte – legten die versprochenen Finanzkonzepte allerdings nicht auf den Tisch.
Dritter Interessent ist der Lübecker Medizinunternehmer Winfried Stöcker, der den Flughafen angeblich auf Sparflamme betreiben will – hoffend auf bessere Zeiten, sollte der große Nachbar Hamburg-Fuhlsbüttel mal einen Partner brauchen. Doch der 69-jährige emeritierte Medizinprofessor ist nicht unumstritten, seit er sich vor eineinhalb Jahren in einem Zeitungsinterview über „Neger“ ausließ, über die „Islamisierung Deutschlands“ und Flüchtlinge, die er „am liebsten zurück in ihre Heimat schicken“ würde. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Volksverhetzung wurden zwar eingestellt, der Präsident der Universität Lübeck,wo Stöcker selbst einst lehrte, distanzierte sich jedoch. Darauf strich Stöcker der Uni eine jährliche Zuwendung in Höhe von einer Million Euro.
In Lübeck hat sich die Empörung über den Unternehmer mit den schlohweißen Haaren gelegt: Die beiden großen Fraktionen in der Bürgerschaft, SPD und CDU, stehen seinem Engagement ebenso aufgeschlossen gegenüber wie SPD-Bürgermeister Saxe. Führende Wirtschaftsvertreter sprechen gar von einem „Beweis hanseatischen Unternehmergeistes“. Es ist wohl die letzte Chance für Blankensee. Sven-Michael Veit
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