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La rue de Schiller

Auf der Mipcom in Cannes suchen TV-Macher nach neuen Ideen und Märkten. Telenovelas sind erfolgreich – und die Comedy „Schillerstraße“

von WILFRIED URBE

Die Croisette in Cannes, Laufsteg der Eitelkeiten, passt wohl zu keinem Business so gut wie zur TV-Branche, in der Äußerlichkeiten und Selbstdarstellung fast eine genauso große Rolle spielen wie die Millionen, um die es beim internationalen Programmhandel geht. Über zehntausend Käufer, Verkäufer, Produzenten und Senderverantwortliche aus aller Welt treffen sich auf der Mipcom, der größten Programm-Messe der Welt.

Natürlich sind alle auf der Suche nach neuen Ideen, in der Hoffnung, diese billig einzukaufen und damit neue Trends in der TV-Welt loszutreten, aber seit „Big Brother“ sei nicht mehr viel passiert, sagen die Fernsehmacher selbst. Und so bestimmen Hybrid-Formate das TV-Bild.

In diesem Herbst wird das Thema „Telenovela“ stark propagiert. „Sie bieten ein riesiges Potenzial“, glaubt Grundy UFA-Chef Rainer Wemcken, dessen Unternehmen die in Deutschland überaus erfolgreichen Reihen „Bianca“ oder „Verliebt in Berlin“ produziert. „In Frankreich, Italien und Großbritannien sind sie allerdings bisher noch nicht angekommen.

Grundy UFA verdanken die Fernsehzuschauer übrigens unter anderem auch die Soap „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“.

Ferner ist das große Interesse amerikanischer Studios am deutschen Markt auffällig. „Es ist ganz klar, dass die Majors auf den deutschen Markt wollen, er ist der zweitgrößte der Welt, und wenn sie kein großes Stück vom Kuchen abbekommen, nehmen sie auch ein kleines. Sie bringen Filmpakete mit und müssen nicht selber produzieren – ein großer Vorteil.“ Das ist die Einschätzung von Grundy Light Entertainment-Chefin Ute Biernat. Und Patrick Vien, Präsident von NBC Universal Global Networks, der soeben in Deutschland den Spielfilm-Sender „Das Vierte“ gestartet hat, erwartet für die Zukunft „ein verstärktes Aufkommen von Kanälen mit feinen kalibrierten Zielgruppen, die auf ganz spezielle Marktsegmente zugeschnitten sind“ – initiiert von den großen Hollywoodstudios.

Auch Jetix Europe ist ein solcher Ableger. Der europäische Kindersender, zum größten Teil im Besitz von Disney, ist in Deutschland über Premiere zu empfangen und entwickelt sich wirtschaftlich so erfolgreich, dass jetzt weitere Projekte produziert werden. Rund sieben Millionen Euro wird etwa eine SciFi-Animations-Reihe mit 26 Folgen zu je 30 Minuten kosten.

Insgesamt hat sich die Marktlage gegenüber den letzten Jahren entspannt, denn die Nachwirkungen des 11. September scheinen endgültig Vergangenheit zu sein. „Krieg und Terror sind ein schlechtes Werbeumfeld, und wenn die Einnahmen bei den Sendern sinken, sparen sie direkt beim Programmeinkauf“, sagt SevenOne-International-Geschäftsführer Jens Richter. Er hat soeben die Comedy-Show „Schillerstraße“ nach Frankreich, Italien, Finnland, Spanien, die USA und England verkauft. Nach Südamerika und an viele europäische Sender ging der Film „Die Luftbrücke“ mit Heino Ferch. „Es wird wieder mehr Programm gekauft, und die Kunden zahlen lieber mehr für ein einzelnes gutes Produkt, als sich für ein günstiges Paket mit zehn mittelmäßigen Filmen zu entscheiden“, sagt Richter. Nicht nur aus seiner Sicht haben deutsche Produktionen außerhalb des angloamerikanischen Raumes große Chancen: Romantische Komödien und Wohlfühlfernsehen aus deutschen Studios seien mittlerweile wieder in vielen Ländern gefragt.

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