Platz für Halbschattengewächse

Selbstversorger Auch auf dem Balkon lassen sich Gemüse und Kräuter anbauen. Zwei Expertinnen erklären, warum Tomaten gut gehen - und Möhren weniger. Genau so wichtig wie das richtige Düngen ist das Ernten

Kreativer Umgang mit Platzmangel auf dem Balkon Foto: dpa

von Nele Wagner

Kein Garten, aber trotzdem Lust auf frische Kräuter und Gemüse? Es gibt Sorten, die sich gut auch auf dem Balkon anbauen lassen, erzählt die Bremer Biologin und Gemüsegärtnerin Christina Wolterink. Zuckerschoten, Stangenbohnen, Tomaten und Kürbis können in die Höhe wachsen – und bieten sich deshalb aus Platzgründen für den Balkon an. Außerdem seien auch Buschbohnen, Kohlrabi, Radieschen und Salat gut geeignet sagt Wolterink, die in Bremen Workshops für urbane GärtnerInnen anbietet. Nicht gut auf dem Balkon aufgehoben sei Gemüse, das lange Wurzeln hat und in der Erde wächst, wie Möhren, Rote Bete oder Pastinake.

Nicht nur der Platz, auch der Standort ist entscheidend. „Im Schatten braucht man gar nicht anzufangen“, sagt Wolterink. Wer aber einen schattigen Balkon hat, kann es mit einigen Kräutern versuchen. Zum Besipiel mit Baldrian, „das ist ein Überlebenskünstler“, sagt Anja Wirthmann, zuständig für Umweltbildung bei dem Verein Arbeit und Ökologie in Bremen. Verschiedene Ampfersorten seien auch geeignet oder die Pimpinelle. „Das war es dann aber auch schon.“

Als Kräutertopf kann grundsätzlich jedes Gefäß genutzt werden – auch ein Gummistiefel, sagt Wirthmann. Wichtig sei, dass der Behälter stabil genug ist, das Wasser zu halten und groß genug, damit sich die Wurzeln darin ausbreiten können. Abzugslöcher seien notwendig, damit keine Staunässe entsteht. Optimal sei eine kleine Dränageschicht am Topfboden. Dafür könne man zum Beispiel Scherben eines Tontopfes benutzen, Blähton oder kleine Kieselsteine. Neben ausreichendem Wurzelplatz seien die unterschiedlichen Nährbedürfnisse der Pflanzen zu beachten.

Salat und Radieschen sind sogenannte Schwachzehrer. Diese werden nicht gedüngt, erzählt die Stadtgärtnerin Wolterink. Deswegen können sie auch in dasselbe Gefäß. Kohlrabi und Bohnen sollte man einmal nachdüngen. Für Kürbis und Tomaten, sogenannte Starkzehrer, sollte aufgedüngte Erde verwendet werden. Im Freien arbeite man am besten nicht mit Mist, „damit macht man sich bei den Nachbarn nicht so beliebt“, sagt Wolterink. Für das Gärtnern auf dem Balkon seien Hornspäne eine gute Alternative.

„Eine hellgrüne Pflanze ist dabei ein Hinweis auf Stickstoffmangel“, erklärt sie. Bei Tomaten sei das regelmäßige Gießen besonders wichtig, weil ansonsten die Früchte platzen. Überhaupt möge Gemüse es „immer leicht feucht“. Bei Kräutern sei das anders. Mittelmeerkräuter wie Rosmarin, Thymian und Salbei, mögen es karg und trocken und bräuchten viel Sonnenlicht. Pfefferminze, Petersilie und Schnittlauch hingegen benötigten einen humosen Boden und lebten gut im Halbschatten.

„Im Freien arbeitet man am besten nicht mit Mist, damit macht man sich bei den Nachbarn nicht so beliebt„

Chriistina Wolterink, Stadtgärtnerin

Im Garten vereint eine Kräuterspirale diese unterschiedlichen Bedürfnisse. Es ist ein dreidimensionales Beet. Im oberen Bereich befinden sich Pflanzen, die einen trockenen und kalkigen Boden mögen wie Mittelmeerkräuter, im unteren Bereich sind feuchtigkeitsliebende Kräuter. Mit den Ausbuchtungen von Erdbeertöpfen könnte man einen ähnlichen Effekt erzielen, sagt Wirthmann von Arbeit und Ökologie. „Das wäre dann eine Sparversion für den Balkon.“

Einige Kräuter könnten sogar im Topf draußen überwintern. Dazu gehören Salbei, Lavendel und Pfefferminze. Wichtig sei die Isolierung des Topfes. Die kann man sich wie eine Thermoskanne vorstellen. Man wickelt Pappe mit einem Abstand von zwei bis drei Zentimetern um den Blumentopf. „So kann die Luft zirkulieren“, so Wirthmann. Zwischen Topf und Pappe kommt zerknülltes Zeitungspapier, das zusätzlich isoliert. Das sollte oben locker auf dem Topf liegen. Außerdem sollte man den Topf hochstellen. „Dafür reichen Holzkeile oder Steine“, erklärt sie. Wichtig sei, dass der Topf den Boden nicht berührt. „Viele vergessen die Pflanzen dann auf dem Balkon“, erzählt Wirthmann. Wenn die Temperatur länger als zwei Tage über null Grad liegt, sollte man die Pflanzen aber wieder gießen.

Nicht nur die richtige Versorgung, auch das richtige Ernten sei wichtig, so die Biologin Wolterink. „Alle lieben Basilikum“, sagt sie, zu Hause ging die grüne Blätterpracht aber schnell ein. Viele zupften einzelne Blätter ab, dabei müsse man fast den gesamten Trieb abschneiden. So erhalte dieser den Impuls sich zu verdoppeln. „Das gilt für viele Kräuter“, erzählt sie, „für Basilikum aber ganz besonders.“