Griechen wehren sich gegen Sparzwang

KRISE Während die Regierung versucht, die Gläubiger bei der Stange zu halten, streikt das Volk

BERLIN taz | Griechenland macht dicht. Über die Flughäfen kann am heutigen Donnerstag niemand an- oder abreisen. Die Fluglotsen streiken. Auch in Ministerien und Steuerämtern legen die Bediensteten die Arbeit nieder. Ebenso die Lehrer. Radio und Fernsehen werden keine Nachrichten senden. Die Streikenden treibt die Angst vor weiteren Sparmaßnahmen.

Schon wieder sitzen die Verhandler der früheren Troika, also des Internationalen Währungsfonds, der Eurozone und der Europäischen Zentralbank, in dieser Woche mit Finanzminister Euklid Tsakalotos zusammen, um zu sehen, wie die Regierung mit den verlangten Reformen vorankommt: Danach soll Tsakalotos weitere 5,4 Milliarden Euro einsparen, davon 1,8 Milliarden bei den ohnehin schon zusammengeschrumpften Renten. Ebenso viel soll durch neue Steuern auf Tabak und Treibstoffe reinkommen. Zusätzlich sollte Griechenland Staatseigentum privatisieren und damit 50 Milliarden Euro erwirtschaften – inzwischen ist klar, dass höchstens ein Siebtel davon realistisch ist.

Erst wenn die Umsetzung der Reformen überprüft ist, wird über weitere Kredite in Höhe von 86 Milliarden Euro verhandelt. Dafür muss Griechenland beweisen, dass es „schuldentragfähig“ ist. Schwierig: denn die staatliche Verschuldung dürfte 2016 rund 200 Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen, Experten halten höchstens 130 Prozent für aushaltbar. Von EU-Ländern wird gefordert, dass sie sich zu nicht mehr als 60 Prozent verschulden.

Die gesamte Rettungspolitik basiert auf der Annahme, dass das Land die Schulden verkraften werde, wenn es denn stur an der Austeritätspolitik festhält. Kritiker warnen dagegen seit Langem, dass hartes Sparen eher zum Gegenteil führt.

Sollten die Gläubiger trotz allem zu einem positiven Schluss kommen, drängt der IWF auf einen Schuldenschnitt. Den aber lehnt die für die Euroländer erfahrungsgemäß maßgebliche deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ab. Der sei „schlicht nach unserer Auffassung rechtlich nicht möglich“, sagte sie am Mittwoch.

Vertreter der deutschen Mainstream-Ökonomie wie der Wirtschaftsweise Lars Feld unterstützten diesen Kurs, ohne neue Argumente zu nennen. Einen Ausweg bot der griechische Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis. Statt über Schuldenstreichung könne man auch darüber nachdenken, Kreditlaufzeiten und Rückzahlungsfristen zu verlängern oder die Höhe der Rückzahlungen an das Wirtschaftswachstum anzupassen. Beate Willms