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Entschleunigung in SchleswigSchleswig tritt auf die Bremse

Die Stadt Schleswig will mehr Tempo-30-Zonen einrichten. Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Meyer setzt sich im Bund für Entschleunigung ein.

Lösen das problematische Nebeneinander von Rad, Auto und Fußgänger kostengünstig und simpel: Tempo-30-Zonen Foto: Julian Stratenschulte/dpa

SCHLESWIG taz | „Um es gleich zu sagen: Geschichte schreiben wir hier nicht“, sagt Axel Warnke. Aber genau danach hatte der Plan der Schleswiger Stadtverwaltung geklungen: Die Kleinstadt mit knapp 24.000 Menschen könnte die erste komplett entschleunigte Kommune werden – fast flächendeckend soll ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern gelten. Bei der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses beruhigt Warnke, Sachgebietsleiter für den Bereich Straßenrecht im städtischen Rathaus, die Gemüter: Alle wichtigen Verkehrsadern bleiben bei Tempo 50 und in vielen Bereichen der Stadt gelten bereits heute Geschwindigkeitsbegrenzungen.

Unterm Strich betrifft die Neuregelung nur ein halbes Dutzend Straßen. Dennoch passt das Konzept zu den Plänen von Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD): Er startete vor zwei Jahren eine Initiative für mehr Tempo-30-Zonen. Inzwischen zeigen die Vorstöße der Landesverkehrsminister auch auf Bundesebene Wirkung.

Den Mitgliedern des Bauausschusses kommt der Rummel um ihre Kommune als erste Tempo-30-Stadt ziemlich übertrieben vor. Seit gut einem Jahr liegt ihr „Verkehrskonzept“ in der Schublade, es enthält zahlreiche Ideen, wie der Verkehr in der Kleinstadt an der Schlei besser fließen kann. Ein zentrales Problem sind die Radwege. Teilweise enden die Spuren abrupt, Radler müssen dann auf der Straße weiterfahren.

Gefährlich und rechtswidrig, sagt Warnke und verweist auf die Straßenverkehrsordnung. Doch das Radwegenetz weiter auszubauen ist teuer und oft aus Platzgründen nicht möglich: Denn die Straßen der Stadt, deren Wurzeln bis ins Jahr 1000 reichen, sind nicht dafür ausgelegt, Fußgänger, parkende Autos, Radler und fahrenden Verkehr gleichzeitig aufzunehmen.

So machen's die anderen

Seit 1983 setzt Hamburg auf Verlangsamung: Seither gilt das Tempo-30-Konzept in Wohngebieten.

Für dieses Jahr hat die Verkehrsbehörde 50 weitere Straßen für den Langsam-Verkehr empfohlen.

Die Umsetzung liegt hier aber in den Händen der Bezirke.

Bremen führt Tempo-30-Zonen zunächst vor allen Kitas und Schulen ein. Das ist inzwischen möglich, ohne besondere Gefahren nachweisen zu müssen.

Diskutiert wird hier über ein Parkverbot vor Schulen, das die Grünen fordern.

Grundsätzlich will die rot-grüne Koalition in Bremen mehr Tempo-30-Zonen in Nebenstraßen einrichten.

In vielen Bereichen wird daher ohnehin langsam gefahren. In vielen Wohnvierteln sorgen Hindernisse aus Betonkübeln für Entschleunigung. Auf den Straßen, bei denen das noch nicht der Fall ist, muss die Stadtverwaltung das Miteinander von Autos und Rädern entzerren. Tempo-30-Zonen lösen das Problem kostengünstig und simpel.

Dass Schleswig-Holstein beim Langsam-Fahren ganz vorn mit dabei ist, hat Tradition: Die Landeshauptstadt Kiel richtete als eine der ersten Kommunen bundesweit Tempo-30-Strecken ein, heute gibt es 130 Entschleunigungsbereiche im Stadtgebiet. Verkehrsminister Meyer freut die Entwicklung. Geht es nach ihm, sollen bis Anfang 2017 neue gesetzliche Richtlinien vorliegen, die es Kommunen erleichtern, nach eigenem Ermessen Tempo-30-Zonen einzurichten. Das zuständige Bundesverkehrsministerium will dafür die Hürden senken: „Darüber freuen wir uns“, so Meyer.

Zwei Aspekte stünden im Vordergrund: Verkehrssicherheit, besonders vor Schulen, Kitas oder Altenheimen, aber auch: „Das Thema, das immer mehr Menschen bewegt, der Lärmschutz, auch wenn wir da wohl noch Überzeugungsarbeit leisten müssen“, sagt Meyer. Zurzeit warten die Länder auf die Vorgaben aus Berlin. Wichtig sei ihm, dass auch kleine Kommunen eigenständig darüber entscheiden dürfen, wie sie den Verkehr lenken sollen. Aktuell dürfen das erst Mittelstädte ab 20.000 Einwohnern.

Die Stadt Schleswig, deren Einwohnerzahl groß genug ist, um selbst zu entscheiden, will ihr neues Verkehrskonzept in einer Bürgerversammlung vorstellen. Auch wenn es eigentlich nicht viel zu diskutieren oder zu politisieren gebe, so Warnke: „Wir reden von Verkehrsrecht, da geht es nicht um Wünsch-dir-was.“

Klaus Bosholm, den Vorsitzenden des Bauausschusses in Schleswig, bewegt vor allem die Frage, wie das neue Konzept durchzusetzen sei. Denn auch in Bereichen im Stadtgebiet, in denen seit Jahren Tempo 30 gelte, etwa vor der Gehörlosenschule, halte sich kaum jemand daran: „Wenn wir uns nur auf die Freiwilligkeit der Autofahrer verlassen, wird das nichts.“

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1 Kommentar

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  • "Ein zentrales Problem sind die Radwege. Teilweise enden die Spuren abrupt, Radler müssen dann auf der Straße weiterfahren.

    Denn die Straßen der Stadt, deren Wurzeln bis ins Jahr 1000 reichen, sind nicht dafür ausgelegt, Fußgänger, parkende Autos, Radler und fahrenden Verkehr gleichzeitig aufzunehmen."

     

    Kleiner Fehler: Geh- und Radweg sind Teil der Straße.

     

    Großer Fehler: Fahrräder sind fahrender Verkehr. Und die allermeisten Radwege machen nicht den Eindruck, als ob die Planer dies wüßten, sie sind stattdessen für Beppo den Seiltänzerakrobatenclown mit dem Einrad ausgelegt, der auch auf der Stelle wenden kann und die Kurven mit unter 2 km/h fahren kann. Oder für Reitpferde, dem Untergrund nach.