Senatorin will Schulpflicht verlängern

BILDUNG Künftig soll Schule in Berlin ein Jahr länger dauern. Das Ziel ist, mehr Jugendliche in Ausbildung zu bringen

So sollte es sein: Schülerin im Praktikum Foto: Ingo Wagner/dpa

Etwa jeder zehnte Berliner Schüler macht nach zehn Pflichtschuljahren erst mal – nichts. 2.000 bis 3.000 Jugendliche würden nach dem Mittleren Schulabschluss weder eine Ausbildung anfangen noch weiter zur Schule gehen: „Sie gehen verloren“, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Donnerstag bei der Vorstellung eines Abschlussberichts zum Thema berufliche Bildung. Und die Senatorin konstatierte: „Ich bin der Auffassung, dass wir da etwas zu tun haben.“

Das „etwas“, das Scheeres vorschwebt: Das vor zehn Jahren abgeschaffte elfte Pflichtschuljahr soll wieder eingeführt werden. Damit wolle man Jugendlichen, die noch nicht genau wüssten, in welchen Beruf es sie zieht, mehr Zeit zur Orientierung geben. Auch die wachsende Zahl der Flüchtlinge unter den Schülern würde von einem zusätzlichen Schuljahr profitieren: „Es wäre fatal, wenn uns diese Gruppe verloren ginge.“

Wer also künftig nach der zehnten Klasse weder Abi machen will noch eine Ausbildung beginnt, muss künftig noch ein Jahr an einer beruflichen Schule dranhängen. Konkret sollen sich in dem zusätzlichen Schuljahr Praxistage im Betrieb mit Theorietagen in der Schule abwechseln. Bereits jetzt gibt es an 17 beruflichen Schulen in Berlin mit der sogenannten Integrierten Ausbildungsvorbereitung ein Orientierungsjahr, das ganz ähnlich funktioniert – allerdings ist es bisher noch ein freiwilliges Angebot.

Ein Knackpunkt könnte die tatsächliche Versorgung mit Praktikumsplätzen für die Schüler werden. Schon jetzt klagen Schulleiter, dass es oft schwierig sei, insbesondere kleine Betriebe für Schülerpraktikanten zu erwärmen, sagt auch Ronald Rahmig von der Vereinigung der Leitungen berufsbildender Schulen in Berlin. Dennoch sei der Vorstoß der Senatorin sinnvoll: „Viele Betriebe sind unseren Absolventen gegenüber skeptisch, wenn die sich als Azubis bewerben“, sagt Rahmig. „Wenn sie sie schon als Praktikanten kennenlernen, ist das eine Chance – für beide Seiten.“

Kritik kam von der Linken: Freiwilliges Angebot ja, Pflicht nein, sagt die bildungspolitische Sprecherin Regine Kittler. „Nicht alle Jugendlichen sind nach der Schule orientierungslos, nur weil sie nicht gleich eine Ausbildung anfangen.“

Für ein elftes Pflichtschuljahr müsste das Schulgesetz geändert werden. Das sehe sie „realistisch zum Schuljahr 2017/18“, sagte Scheeres. Anna Klöpper