Mädchenheim nach Drogenrazzia dicht

ÜBERZOGEN Heimleiter klagt gegen Schließung. Donnerstag spricht der Sozialausschuss über das Heim

Die Schließung eines Mädchenheims in Flensburg wird in dieser Woche Parlament und Gerichte beschäftigen. Die Heimaufsicht hatte mit Polizei und Jugendamt am vergangenen Freitag die alte Villa an der Wrangelstraße durchsucht und die zehn Bewohnerinnen anderweitig untergebracht. Noch am gleichen Abend teilte das Sozialministerium mit, das Heim sei geschlossen. Der Heimleiter nennt die Reaktion überzogen und klagt nun vor dem Verwaltungsgericht. Die Schließung wird am Donnertag auch den Sozialausschuss beschäftigen.

Es sei ein anonymer Hinweis auf Konsum von Betäubungsmitteln „unmittelbar in der Einrichtung“ eingegangen, sagt Ministeriumssprecher Frank Lindscheid. Der Verdacht habe sich „durch die Prüfung vor Ort erhärtet“. Laut Sprecherin der Polizei Flensburg wurden keine Drogen gefunden, wohl aber „Utensilien“, die auf Konsum harter Drogen schließen ließen. Dem NDR sollen vier Jugendliche von „Speed“ berichtet haben. Lindscheid sagte, es habe schon früher Beschwerden über „mangelnde Beaufsichtigung der Mädchen“ gegeben. Dieser Verdacht habe sich nun bestätigt.

Das Gesetz sieht vor, dass die Heimaufsicht einem Träger bei Mängeln zunächst Auflagen erteilen und die Chance geben muss, diese abzustellen. Laut Lindscheid gab es am 15. Februar eine Begehung des Heims und es wurden Auflagen erteilt. Die Betriebserlaubnis wurde nun entzogen, weil der Träger aus Sicht des Landesjugendamtes (LJA) „nicht in der Lage war, das Kindeswohl sicherzustellen“.

Heimbetreiber Rolf Nagel, der die Einrichtung seit 30 Jahren mit seiner Frau leitet, bestreitet die Vorwürfe: „Wir haben selbstverständlich keinen Drogenkonsum toleriert.“ Dass Jugendliche heimlich Drogen mit in die Einrichtung brächten, könne keine offene Einrichtung hundertprozentig verhindern. Die Bewohnerinnen werden „in optimaler Weise beaufsichtigt, wie es in einer offenen Einrichtung möglich ist“, sagt Nagel.

Die Einrichtung sollte eigentlich im März aufs Land in den Ort Langballig ziehen. „Die Mädchen haben sich schon ihre Zimmer ausgesucht“, sagt Nagel. Den anonymen Hinweis habe eine Bewohnerin gegeben, die nicht mit umziehen dürfe und in eine andere Einrichtung wechseln sollte. Dass man zu wenig Personal beschäftige, treffe nicht zu. „Wir haben für zehn Kinder sechs hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und liegen über dem Schlüssel“, sagt Nagel. Darunter sei auch eine Lehrerin, die das Landesjugendamt aber nicht als Fachkraft anerkannt habe. Heute hätte ein klärendes Gespräch stattfinden sollen. Doch das wurde nach der Schließung von der Heimaufsicht abgesagt.

Nagel sieht sich im Recht: „Wir haben dem LJA schriftlich garantiert, dass wir bereit sind, auf ihre Forderungen einzugehen und sogar schon Bewerbungsunterlagen einer neuen Mitarbeiterin zugeschickt.“ Das könnte für ein Gerichtsverfahren von Belang sein. Nagel klagt gegen das verfügte Belegungsverbot und für die Betriebserlaubnis der neuen Einrichtung in Langballig. Letzteres könnte als Eilverfahren in wenigen Tagen entschieden werden. Aus Sicht des Sozialministeriums aber liegen dafür die Voraussetzungen „derzeit nicht vor“. KAJ