Mehr sexuelle Übergriffe durch Blauhelme

UNO Der Sicherheitsrat will einen verbindlichen Katalog von Maßnahmen beschließen

Vorwürfe gibt es auch gegen Polizisten aus Deutschland und Kanada

AUS GENF Andreas Zumach

Der UNO-Sicherheitsrat wird ­voraussichtlich am Freitag dieser Woche verschärfte Maßnahmen zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt durch Mitglieder von Friedensmissionen gegen Zivilisten in ihren jeweiligen Stationierungsländern beschließen. Vor allem afrikanische Entsendestaaten von Soldaten, Polizisten und Zivilangestellten für UNO-Missonen, aber auch westliche Länder tun laut einem am vergangenen Freitag veröffentlichtem Bericht von Generalsekretär Ban Ki Moon bislang viel zu wenig, um solchen Verbrechen vorzubeugen, Vorwürfe aufzuklären und überführte Täter zu bestrafen.

Der UNO-Generalsekretär spricht in seinem Bericht von einem „zutiefst besorgniserregenden Anstieg“ der Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs oder der sexuellen Ausbeutung. 2015 gab es 69 derartige Vorwürfe, 2014 waren es 52. Die UNO hat in den derzeit 16 Friedensmissionen knapp 125.000 Personen im Einsatz.

Die 69 Vorwürfe im Jahr 2015 richten sich gegen Staatsangehörige aus 21 Ländern, die in dem Bericht des Generalsekretärs erstmals mit Namen genannt werden. An erster Stelle der Verdachtsfälle stehen demnach Soldaten aus der Demokratischen Republik Kongo mit sieben Beschuldigungen, gefolgt von Marokko und Südafrika mit je vier Vorwürfen. Die meisten Beschwerden richteten sich gegen Soldaten afrikanischer Länder: Kamerun, Kongo, Tansania, Benin, Burkina Faso, Gabun, Niger, Nigeria und Togo. Auch gegen Polizisten aus Ruanda, Ghana, Madagaskar und Senegal gab es Vorwürfe. Betroffen waren aber auch Polizisten aus Deutschland und Kanada, die bei UN-Blauhelmmissionen dabei waren. Auch Polizisten aus Moldawien und der Slowakei wurden aufgelistet.

Bei zwei UN-Missionen gab es die meisten Beschuldigungen: bei der Minusca-Truppe in der Zentralafrikanischen Republik sowie bei der Minusco in der Demokratischen Republik Kongo. Zuletzt hatte die UNO 120 kongolesische Blauhelme aus Zen­tral­afrika wegen neuer Vorwürfe des Kindesmissbrauchs abgezogen. Auch gegen französische Soldaten waren dort mehrfach schwere Anschuldigungen erhoben worden. So sollen französische Blauhelme in einem Lager nahe der Hauptstadt Bangui zwischen Dezember 2013 und Juni 2014 mehrere Kinder im Alter zwischen 9 und 13 Jahren missbraucht haben.

Alle in dem UNO-Bericht genannten Entsendestaaten kooperieren bislang nicht oder unzureichend mit der UNO-Zentrale bei der Aufklärung der Vorwürfe und der Sanktionierung von Verbrechen. Letztere kann mangels einer eigenen UN-Gerichtsbarkeit nur durch die Justizbehörden der Entsendestaaten erfolgen. Ban schlägt eine Reihe von Maßnahmen zur Prävention, Aufklärung und Sanktionierung sexualisierter Gewalt durch Mitglieder von Friedensmissionen vor. Diese sollen durch die geplante Resolution des Sicherheitsrats für alle 193 UNO-Mitgliedsstaaten verbindlich gemacht werden.