Wo weggeschaut wird

HEIM-Aufklärung

Schauten die Sozialminister Schleswig-Holsteins jahrelang nur dann auf Probleme in Kinderheimen, wenn sich auch die Presse dafür interessierte? Darauf weist ein Vermerk hin, den der Abgeordnete Wolfgang Dudda von der Piraten-Partei am Montag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zum Skandal-Heim Friesenhof vorlas.

In dem Vermerk über die Aufgaben des Ministeriums „zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen“ aus dem Jahr 2006 heißt es: „Ergibt der Sachverhalt eine öffentlichkeitswirksame Relevanz, die Interesse der Presse erwarten läßt“, solle der Referatsleiter die Leitung des Sozialministeriums unterrichten. Ein Behördensprecher erklärte, derVermerk sei im Haus nicht bekannt. Doch Dudda hatte auch die Fundstelle angegeben.

In der neunten Sitzung des PUA berichtete ein Ex-Mitarbeiter, die Mädchen hätten „Einheitsklamotten wie in einer Strafkolonie“ tragen müssen. Bei Fehlverhalten habe es stundenlange Gruppensitzungen gegeben. Ähnlich kritisch hatte sich zuvor ein in dem Heim beschäftigtes Paar geäußert. Der Mann habe sich seit 2013 zwölf Mal an das Landesjugendamt gewandt. Doch die Akten, die das dokumentieren, wurden schlampig geführt: Dazu musste sich Staatssekretärin Anette Langner äußern.

Im Ausschuss wird in den nächsten Wochen die Arbeit von Heimaufsicht und Ministerium untersucht. Dann wird der Vermerk noch einmal Thema. „Wenn in Heimen schlechte Pädagogik passiert, scheint das die Politik nicht zu interessieren“, kritisiert Dudda. Es habe sich aufgrund von Personalmangel eine „Tradition des Wegschauens“ entwickelt. Kaj