Tusk: "Kommen Sie nicht nach Europa"

EU Ratspräsident kündigt Ende der Politik des „Durchwinkens“ an. Lage bleibt weiter dramatisch

ATHEN dpa | EU-Ratspräsident Donald Tusk hat Migranten davor gewarnt, nur aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa zu kommen. Der „Prozess des Durchwinkens“ werde aufhören, kündigte Tusk am Donnerstag nach einem Treffen mit dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras in Athen an. „Und deswegen appelliere ich an alle potenziellen illegalen Wirtschaftsmigranten, egal woher sie stammen: Kommen Sie nicht nach Europa. Glauben Sie nicht den Schmugglern. Riskieren Sie Ihr Leben und Ihr Geld nicht.“

Die mazedonische Polizei ließ am Mittwoch und Donnerstag insgesamt 510 Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak aus Griechenland einreisen. An der Grenze harren mehr als 11.000 Menschen aus. Der Flüchtlings- und Migrantenzustrom dauerte an. Allein am Mittwoch waren mehr als 2.000 Migranten neu nach Griechenland gekommen, wie das Innenministerium in Athen am Donnerstag mitteilte.

Beim EU-Türkei-Gipfel am Montag in Brüssel werde Griechenland Sanktionen gegen die EU-Staaten fordern, die die Beschlüsse nicht in die Tat umsetzen. „Griechenland wird auf keinen Fall ein Lager für verlorene Seelen werden“, sagte Tsipras. Athen rechnet mit rund 150.000 Menschen, die in den kommenden Wochen feststecken werden.

Auf der griechischen Seite der Grenze zu Mazedonien bei Idomeni kam es am Donnerstag erneut zu Protesten: Unzufriedene Flüchtlinge legten den Eisenbahnverkehr lahm. Hunderte Menschen blockierten auf den Schienen einen Güterzug, der aus Mazedonien nach Griechenland fahren wollte.

Die Menschen skandierten immer wieder: „Open the border“ (Öffnet die Grenze). Viele hielten ihre kleinen Kinder hoch und zeigten sie den Polizisten, wie das Fernsehen zeigte.

Die Lage bleibt nach Berichten humanitärer Organisa­tio­nen dramatisch. Migranten errichteten ein symbolisches Kindergrab mit der Aufschrift „Unsere Kinder sind nicht durch Bomben, sondern durch die Kälte hier gestorben“, berichtete das griechische Fernsehen. Viele Menschen seien erkältet, darunter viele Kinder. Es bestehe die Gefahr, dass es zu Lungenentzündungen komme, sagten Ärzte im griechischen Rundfunk.

Aus Protest gegen die Teilräumung des Flüchtlingslagers im nordfranzösischen Calais haben sich erneut mehrere Iraner den Mund zunähen lassen. Dabei hielten sie ein Schild mit der Aufschrift „Will you listen now?“ (Hört Ihr jetzt zu?) hoch. Die französischen Behörden lassen diesen Teil des Lagers gerade räumen und reißen die Flüchtlingshütten ab.