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Baskischer Politiker Arnaldo Otegi Foto: imago

Nummer
8719600510

Häftling 8719600510 ist frei. Unter dieser Nummer saß der baskische Linksnationalist Arnaldo Otegi sechseinhalb Jahre im Gefängnis. „Ich war in Haft, weil ich für den Frieden eintrat“, erklärte der 57-Jährige auf einer improvisierten Kundgebung vor seinen Angehörigen – darunter seiner Frau und seinen zwei Kindern – sowie Hundertern Sympathisanten.

Viele sehen in Otegi einen baskischen Gerry Adams. Wie sein irischer Kollege sagte sich Otegi von der Gewalt los und trat als erster namhafter Politiker aus dem ETA-Umfeld für die Niederlegung der Waffen und einen Friedensprozess ein. 2009 wollte er zusammen mit einer Handvoll Gesinnungsgenossen eine neue Partei gründen. Sie sollte nicht einfach die verbotene ETA-nahe Herri Batasuna (HB) ersetzen, sondern einen neuen Weg Richtung Frieden einschlagen. Der spanische Richter Baltasar Garzón ermittelte dennoch. Otegi handele im Auftrag der ETA. Er wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Bereits in seiner Jugend schloss sich Otegi der ETA an. Mit 18 flüchtete er nach Frankreich, um sich einer Verhaftung zu entziehen. Nach seiner Abschiebung 1987 saß er wegen der Entführung eines Unternehmers drei Jahre ab. Später wurde er immer wieder verhaftet und meist freigesprochen, bevor er 1994 ins politische Lager überwechselte und für HB ins baskische Autonomieparlament einzog. Doch auch dies schützte ihn nicht vor Strafverfolgung. 2005 wurde er wegen „Majestätsbeleidigung“ für ein Jahr inhaftiert. Otegi hatte König Juan Carlos „Chef der Folterer“ genannt.

Otegis politische Linie setze sich durch, die ETA legte vor vier Jahren die Waffen nieder. Der charismatische Politiker wird am kommenden Samstag erstmals auf einer Großveranstaltung in San Sebastián sprechen. Für die 2013 gegründete linksnationalistische Sortu, zu deren Vorsitzender er während seiner Inhaftierung gewählt wurde, will er baskischer Regierungschef werden.

„Otegi ist nicht Mandela“, titelte die rechte Tageszeitung La Razón gestern einen Kommentar. Viele baskische WählerInnen sehen das anders. Otegi werden gute Chancen eingeräumt, tatsächlich in den Regierungspalast Ajuria Enea einzuziehen. Reiner Wandler