MUSIK

MusikPhilipp Rhensiushört auf den Sound der Stadt

Der Begriff Experimentelle Musik ist ja eigentlich irreführend – bezeichnet er doch einen Prozess, während die meisten damit etwas Abgeschlossenes meinen. Aber experimentell ist Musik nicht, wenn sie einfach nur strange, sondern wenn ihre Klangsignatur vage, improvisiert, flüchtig ist. Dieser dem Begriff gerecht werdenden Musik widmet sich die Konzertreihe „biegungen im ausland“. Sie versteht sich als Sammelbecken jener Musikszene zwischen Free Jazz, Neuer Musik und Elektronischer Musik, die sich in den 90ern vorwiegend im Berliner Osten unter dem Namen „Echtzeitmusik“ formierte. Am Freitag ist im Ausland das irische Musikkollektiv Sonic Vigilette zu Gast, eine lose Formation aus drei Frauen und drei Männern wie der Komponistin Karen Power oder Danny Mc Carthy und Mick O’ Shea, die mit ihren „found and constructed instruments“ sonst als „The Quiet Club“ auftreten. Das Setting könnte experimenteller nicht sein: Während die Musiker ihre Klänge mit klassischen und gebauten Instrumenten erzeugen, die dann von Power elektronisch verfremdet werden, sind die Besucher eingeladen, auf der Bühne zwischen den Klängen und ihren Quellen hin- und herzuwandeln (Lychener Straße 60, 26. 2., 20.30 Uhr).

Tanzen statt wandeln wäre die richtige Handlungsanweisung im Berghain. Dorthin lädt das britische Label Hounds­tooth zu einer Werkschau ein. Neben der Schweizerin Aïsha Devi,die in ihren hypnotischen Tracks zeitgenössische Clubmusik mit musikalischen Einflüssen ihrer nepalischen Wurzeln kreuzt, spielen die Noise-Pop-Band Snow Ghosts sowie das erratische Bassmusik-Duo Akkord, deren messerscharfe Jungle- und Techno-Dekonstruktionen mit hohem Bass-Anteil die Brustkörbe der Anwesenden zum Vibrieren bringen werden. Wer sich zwischendurch erholen möchte, sollte eine Etage höher in der Panorama Bar vorbeischauen, wo neben dem schwitzigen Deep-House von Efdemin und dem entschleunigten Dub-Techno von XDB ein Set von DJ Richard ansteht. Sein aktuelles Album „Grind“ ist mit den fragilen Beats und sich in Richtung Horizont streckenden Melodien nicht umsonst ein Anwärter auf einen neuen Substil: Stoner House (Am Wriezener Bahnhof, 26. 2., 24 Uhr).

Mehr Sound als Beats und mehr Text als Bass gibt es sonntags im Ausland. Dort stellt die Soundkünstlerin Alessandra Eramo ihr neues Stück „Dime niña donde vienes“ vor, bei dem sie die Stimmen von Neugeborenen mit eigens erzeugtem Schlürfen, Schnalzen und Seufzen verschaltet. Anschließend verarbeitet der Stimmkünstler Michael Barthel seine Perspektive auf Themen wie Schutz, Zuflucht und Heimat in einem lautpoetischen Jam (Lychener Straße 60, 27. 2., 20.30 Uhr).