Entsorgung von Atommüll: Nur Bares ist Wahres
Jürgen Trittin, Chef der Atom-Kommission, lehnt eine Atomstiftung zur Regelung der Entsorgungskosten ab. Eon & Co. sollen Bargeld zahlen. Die Summe bleibt offen.
Das ist mit dem Verursacherprinzip nicht zu vereinbaren. Also braucht es einen anderen Weg.“ Trittin legte nahe, dass die Versorger bei einer Lösung der Frage Bargeld statt Beteiligungen in den geplanten Fonds einbringen müssen. Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission soll klären, wie der Abriss der Meiler und die Müllentsorgung geregelt wird.
Die Nachrichtenagentur Reuters hatte aus Kreisen der 19-köpfigen Expertengruppe erfahren, dass der Abriss und die Stilllegung der Meiler bei den Betreibern Eon, RWE, EnBW und Vattenfall bleiben soll. Für die Zwischen- und Endlagerung des Jahrtausende strahlenden Atommülls werde es wohl eine Fonds-Lösung geben. Hauptstreitpunkt sei, inwieweit die Konzerne dabei für sämtliche Kosten haften müssen.
Die vier Betreiber haben insgesamt Rückstellungen von rund 39 Milliarden Euro gebildet, etwa die Hälfte für den Abriss und die Stilllegung, die andere für die Müllentsorgung. Unklar ist, ob die Summe ausreicht, oder am Ende der Steuerzahler einspringen muss. Die Bundesregierung hatte nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima 2011 beschlossen, dass hierzulande der letzte Meiler 2022 vom Netz muss.
Entschädigung in zweistelliger Milliardenhöhe
Die AKW-Betreiber wollen vor Kostenexplosionen insbesondere für die Suche und den Bau eines Endlagers geschützt werden. Ein solches Lager wird es in Deutschland wohl frühestens 2050 geben. Bislang gibt es nirgendwo auf der Welt eine solche Lagerstätte. Die Haftungsfrage gehöre zu den wichtigsten Fragen der Kreditwürdigkeit der Versorger, hatte erst am Samstag die Ratingagentur Moody‘s mit Blick auf Eon erklärt.
Möglich sei, dass die Kommission sich bei der Haftungsfrage nicht konkret festlegt und so der Regierung Spielraum für Verhandlungen lässt, erklärten die Analysten von Bernstein. Sollte es eine Haftungsgrenze geben, könnten die Versorger im Gegenzug ihre Atomklagen gegen die Regierung fallen lassen. Die Konzerne fordern Entschädigung in insgesamt zweistelliger Milliardenhöhe für die Stilllegung ihrer Meiler.
Atomkommissionschef Trittin machte klar, dass die Energiekonzerne ihre Rückstellungen nicht in Form von Aktien, sondern in Geld an den geplanten Fonds übertragen müssen: „Der Börsenwert einiger der Unternehmen entspricht der Höhe der Rückstellungen. Das würde eine Komplett-Verstaatlichung bedeuten, das ist weder im Interesse des Staates noch der Unternehmen.“ Weiter gelte, dass einzelne Assets wie Kohlekraftwerke, die die Versorger gerne abgeben würden, niemand haben wolle. „Zukunftsträchtige Sparten wie Windparks oder Stromnetze wollen die Konzerne nicht abgeben. Sie würden im eigenen Interesse wohl eher in Geld zahlen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!