Porträt: Der Handball-Maulheld
Natürlich sei das alles schön, hatte Pascal Hens noch vor zehn Tagen in einem NDR-Interview auf die Frage geantwortet, ob er es genieße, nach dem Aus beim insolventen HSV Hamburg mehr Zeit für die Familie zu haben – etwa für das Kleinkinderschwimmen mit der 15 Monate jungen Tochter oder das Handballtraining mit dem fünfjährigen Sohn. Dem 35 Jahre alten Handball-Weltmeister von 2007 dürfte dennoch einiges gefehlt haben.
Denn schon am vergangenen Dienstag saß „Pommes“, die HSV-Identifikationsfigur schlechthin in einem Autohaus im dänischen Herning auf dem Pressepodium und trug das schwarz-rote Trikot seines neuen Klubs. „Ab jetzt heißt es nicht mehr ,Moin, Moin‘ sondern ,Hej, Hej‘!!“, hatte Hens vorab auf seiner Homepage mitgeteilt. „Ich werde ab sofort für den HC Midtjylland auflaufen und versuchen, mit dem Team noch ein paar Plätze nach oben zu klettern.“ Midtjylland ist in Dänemarks erster Liga Elfter von 14 Klubs.
Überraschend ist nicht, dass Hens es fast allen HSV-Teamkollegen gleichtut und sich einen neuen Klub sucht, sondern die Laufzeit des Vertrages. Sie will nicht zu dem passen, was Hens in dem Interview noch versichert hatte: Dass er in Hamburg etwas Neues aufbauen wolle – am liebsten mit langjährigen HSV-Teamkollegen wie Torhüter Johannes Bitter (Vertrag in Stuttgart bis zum Sommer), Torsten Jansen (bis Saisonende beim THW Kiel) oder Stefan Schröder, der ohne neuen Klub ist. Es gelte, die zweite Mannschaft des HSV von der viertklassigen Oberliga nach oben zu hieven. „Ich bin der Meinung, dass dies jetzt nicht vorbei sein darf“, sagte Hens. „Wir müssen versuchen, möglichst schnell wieder etwas Neues auf die Beine zu stellen, ein Handball-Team nach vorne zu treiben, um dann vielleicht in ein paar Jahren wieder höherklassig spielen zu können.“ Wenn alle an einen Strang zögen, sei „vieles möglich“.
Hens selbst wird nicht an diesem Strang mitziehen, zumindest nicht in diesem Sommer – und damit führt er den Plan, schnell wieder etwas aufzubauen, ad absurdum. Es ist die Frage, ob ein Bitter oder ein Matthias Flohr (Skjern/Dänemark) nach ihren Halbjahresverträgen nach Hamburg zurückkehren werden, wenn jener Profi, der den schnellen Neuanfang beschworen hatte, im Sommer noch gar nicht da ist, sondern in Dänemark gutes Geld verdient. „Nachdem klar war, dass der HSV nicht überleben würde, habe ich mit mehreren Klubs im Kontakt gestanden“, sagte Hens bei seiner Präsentation. „Als ich das Angebot vom HC Midtjylland erhielt, gab es für mich keinen Zweifel, dass dies zum jetzigen Zeitpunkt das Richtige für mich ist.“ Die HSV-Mission muss erstmal warten. gör
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen