Berliner Szenen: „Star Wars“
Böser grillt Wurst
Ich schneide wie jeden Morgen eine Scheibe von etwas ab, das die Biobäckerei um die Ecke Falkensteiner Krustenbrot nennt, und bestreiche eine Hälfte mit Honig, die andere mit Erdbeermarmelade, aber ohne das Brot in der Mitte durchzuschneiden. So lauten die Anweisungen von Fup. Bitte schön. Er blättert ein „Star Wars“-Buch durch und sagt: „Da sitzt ein Böser und grillt eine Wurst und macht gar nichts, und dann kommt Obi-Wan und tötet ihn.“ Ich sage: „Das würde Obi-Wan nie tun. Er ist nämlich ein Jedi, und Jedis töten niemanden. Nur wenn sie angegriffen werden.“ – „Aber schau doch mal.“ Also schaue ich. Tatsächlich.
Da sitzt ein Böser und grillt eine Wurst. Er ist ein Kopfgeldjäger, hat einen grünen Krokodilskopf, nur ohne lange Schnauze, bleckt die Zähne, seine Laserpistole griffbereit neben sich und einen Stab mit einer aufgespießten Wurst in der Hand. Auf dem nächsten Bild hält ihm Obi-Wan das Laserschwert an den Hals. Davor steht Meister Yoda mit der Waffe in der Hand, die er dem Kopfgeldjäger mit seinem Machttrick aus der Hand gerissen hat. „Nein“, sage ich, „Obi-Wan bedroht den Bösen nur.“ Ich bringe Fup in die Schule und habe „Star Wars“-Pause. Als ich ihn im Hort abholen will, ist Fup nicht da. Ich finde ihn auf dem Klo, wo er mit anderen Jungs „Star Wars“-Karten tauscht. Ich sage: „Komm jetzt endlich.“ Er sagt, aber nicht zu mir: „Ich mach’s dir auch ganz günstig.“ Der Junge findet das Angebot offenbar nicht so gut und lehnt ab. Dann geht es weiter mit „Star Wars“, bis wir uns streiten.
Ich muss auf eine Veranstaltung und nehme Fup mit. Als Erstes mache ich einen Mikrofontest, dann unterhalte ich mich mit dem Veranstalter. Fup entert unbemerkt die Bühne und ich höre plötzlich seine Stimme aus den Lautsprechern: „Hilfe, das Imperium hat mich gefangen genommen.“
Klaus Bittermann
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