Kein Fleisch, viel Zusatz

Paradox Veganer verzichten auf tierische Produkte , nehmen bei den Ersatzangeboten aber allerlei Zusatzstoffe in Kauf

„Krabben“ aus Yamswurzelpulver, „Hühnchen“ aus Sojaeiweiß, „Lachsfilet“ aus Sojafasern und Weizeneiweiß Foto: Fredrik von Erichsen/dpa

von Darijana Hahn

Es scheint nichts zu geben, was es nicht in veganer Ausfertigung gäbe: Milch, Sahne, Wurst, Fleisch und Fisch aller Variationen und nicht zu vergessen das Ei-Ersatz-Pulver. Ob nun Menschen, die bewusst auf tierische Produkte verzichten wollen, wirklich eine „vegetarische Fleischwurst“, ein herzhaftes Käsebrot oder eine Art Spiegelei benötigen, wird nicht nur innerhalb der stetig wachsenden veganen Gemeinde kontrovers diskutiert.

Die im Supermarktregal angebotenen Ersatzprodukte ziehen auch immer wieder Kritik von außerhalb auf sich. So hat unlängst die Fernsehköchin Sarah Wiener gegen „Seitan-Truthahn und Soja-Hamburger“ gewettert und angemerkt, dass auch veganes Convenience Food nicht automatisch besser sei, nur weil dafür keine Tiere hätten sterben müssen. Vielmehr sei es ebenso Teil einer auf Profit orientierten Nahrungsindustrie, die ihre Produkte einschweißt, mit heile Welt suggerierenden Bildern versieht und verschweigt, was an Zusatzstoffen wirklich im Veggie-Hack drinsteckt.

Genau dieser Kluft zwischen Gesundheit verheißender Werbewelt und der zusatzstoffreichen Wirklichkeit ist die Verbraucherzentrale Hamburg nachgegangen. Anlass für den vor fast zwei Jahren durchgeführten Marktcheck waren die vielen Anfragen, die die Verbraucherzentrale bezüglich veganer Lebensweise erreicht hatten. „Wir wollten ein Zeichen setzen für mehr Glaubwürdigkeit und Transparenz und gegen Etikettenschwindel bei veganen Produkten“, sagt Silke Schwartau, Ernährungsexpertin in der Verbraucherzentrale Hamburg.

Von diesem Etikettenschwindel fand die Verbraucherzentrale unter 20 in ihrem Marktcheck untersuchten Produkten jede Menge: Da ist der Anbieter eines „Cereal Drink“, der eine malerische Alpenkulisse auf der Verpackung abbildet, obwohl die Rohstoffe aus verschiedenen Ländern Europas kommen. Ebenso trügerisch ist die große Walnuss auf dem Deckel eines Brotaufstriches, der lediglich zwei Prozent Walnussöl enthält.

So wie überhaupt die Inhaltsstoffe sehr zu wünschen übrig ließen. 14 Mal hat der Marktcheck eine rote Ampel vergeben, für zu viel Fett, zu viel Salz, zu viele gesättigte Fettsäuren. Diese stammen meist von den gehärteten Fetten Palm- und Kokosöl, deren Transfettsäuren schädlich für die Gefäße sind und dadurch den Vorteil der naturgemäßen Cholesterinfreiheit wieder aufheben. So zum Beispiel im getesteten Sahneersatz, in den Dinkel-Knusper-Kringeln oder in der „pflanzlichen Käsealternative“ mit dem mysteriösen Namen „Jeezina Santi“.

Hinzu kommen die zahlreichen Zusatzstoffe, ohne welche die „Nachahmung tierischer Produkte gar nicht möglich wäre“, wie Ernährungsexpertin Schwartau sagt. Zu den Hauptbestandteilen Soja, Lupinen und Seitan (Weizeneiweiß) kommen allerlei E-Nummern-Stoffe hinzu, wie Verdickungs- und Säuerungsmittel, Farb- und Konservierungsstoffe, Emulgatoren sowie Stabilisatoren. Da scheint das häufig beigemengte, geschmacksverstärkende Hefeextrakt noch das geringste Übel.

Mit ihrem kritischen Marktcheck wollte die Verbraucherzentrale nicht die vegane Lebensweise per se ad absurdum führen. Vielmehr sollte es ein Appell an die Hersteller veganer Lebensmittel sein, die Lücke zwischen ethisch anmutender Außendarstellung und oft fragwürdigen Inhalten zu schließen, was die Zutaten angeht, was aber auch ihre Produktion und ihre Herkunft betrifft.

Und es ist ein Appell an die Verbraucher, so viel wie möglich frisch und selbst zuzubereiten. Entgegen der kontinuierlich steigenden Umsatzzahlen für vegane Produkte legt das Info-Portal „vegan.eu“ größten Wert darauf, zu beweisen, dass zwei Drittel der befragten Veganer „derartige Produkte“ ohnehin höchstens einmal in der Woche essen und den Seitan-Truthahn oder den veganen Lachs im Supermarktregal meist links liegen lassen würden.

Fischfilet aus Kichererbsen und KapernZutaten: 150 Gramm Kichererbsen, eingeweicht (Nass-Gewicht), 30 Gramm Kapern, etwas Kapernsaft, SalzDie Kichererbsen 24-48 Stunden in Wasser einweichen. Diese dann mit den Kapern pürieren. Mit etwas Salz abschmecken.Dann in heißem Öl von beiden Seiten ca. 7 Minuten anbraten. Wem diese Variante nicht fischig genug schmeckt, der nehme etwas Nori-Flocken und / oder Leinöl.